Pressemitteilung vom 29.11.2020

Dr. Andre Baumann und Grüne Jugend Kurpfalz-Hardt im Gespräch mit Gisela Erler, Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung und Jugendlichen aus der Region. Thema: Wie können junge Menschen besser beteiligt werden?

Junge Menschen sind politisch und sind auf Augenhöhe zu beteiligen. Jugendbeteiligung muss von allen in Politik und Verwaltung gelebt werden. Und Jugendbeteiligung muss weiter gefördert werden. Das sind grob zusammengefasst die wichtigsten Ergebnisse des online-Workshops der Grünen Jugend Kurpfalz-Hardt und des Landtagskandidaten Dr. Andre Baumann. Referentin war Gisela Erler, die seit rund zehn Jahren als Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung die Politik des Gehörtwerdens der baden-württembergischen Landesregierung vorangebracht hat. An der Diskussion haben unter anderem mehrere junge Gemeideratsmitglieder sowie Mitglieder von Jugendvertretungen im Kreis teilgenommen. Baumann und Erler sagten zu, die Jugendbeteiligung weiter zu stärken.

Baumann begrüßte seine Kabinettskollegin Gisela Erler, die seit rund zehn Jahren als Staatsrätin die von Ministerpräsident Winfried Kretschmann ausgerufene „Politik des Gehörtwerdens“ im Land vorantreibt. „Wir haben es geschafft, gegen anfängliche Widerstände die Bürgerbeteiligung auf allen Ebenen zu etablieren – in gesetzlichen Regelungen, durch verbindliche Leitfäden, Informationen und durch unzählige erfolgreiche Modellprojekte“, sagte Erler. Baumann erinnerte daran, dass das bürgernahe Regieren von Ministerpräsident Kretschmann in diametralem Gegensatz zu seinem direkten Vorgänger Stefan Mappus steht. „Gerade bei kritischen Projekten ist eine Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger so wichtig wie sie anstrengend für die Verwaltung zuweilen sein kann. Das Durchdrücken von Entscheidungen ist jedoch eindeutig der falsche Weg“, sagte Erler.

Erler erläuterte, dass die Beteiligung der Jugend ebenfalls zentral wichtig sei. „Im Leben sind Menschen zwischen 14 und 20 Jahren am politischsten, junge Menschen wollen die Welt verändern und gerechter machen“, so Erler. In meiner Jugend war ich in der 68er-Bewegung aktiv und wollte die Welt verändern. Heute sorgen sich junge Menschen um ihre Zukunft und fordern einen radikalen und erfolgreichen Klimaschutz. „Die Kunst der Beteiligung ist es, zuzuhören und berechtigte Anliegen aufzunehmen und zu versuchen diese umzusetzen“, sagte Erler. Oftmals seien die Forderungen junger Menschen sehr global, Handlungsmöglichkeiten jedoch eher lokal. Die Staatsrätin berichtete, dass es darum ein großes Anliegen von ihr war, die baden-württembergische Gemeindeordnung um einen Jugendbeteiligungs-Paragraphen zu ergänzen. Die grün-roten Landesregierung hatte die Gemeindeordnung um Paragraph 41a ergänzt. „Gerade vor Ort sind Kinder und Jugendliche zu beteiligen – und dafür haben wir die Grundlage gelegt.“

Der Sprecher der Grünen Jugend, Alexander Mansel, der als Sozialpädagoge in einem Jugendhaus arbeitet und sich seit zehn Jahren ehrenamtlich für Jugendhäuser engagiert, stellte den § 41a der Gemeindeordnung Baden-Württemberg in einer PowerPoint-Präsentation vor. „Wenn eine Mindestzahl von Jugendlichen eine Jugendvertretung gründen möchten, dann müssen sich Gemeinderäte laut Gesetz damit ernsthaft befassen“, stellte Mansel fest. Kommunen müssten geeignete Themen in den Blick nehmen, um eine konsequente Jugendbeteiligung in angemessener Weise zu etablieren. Neben Jugendgemeinderäten gebe es auch andere Formen der Jugendbeteiligung, wie beispielsweise Achterräte, Projektgruppen und Jugendforen. Außerdem ist neben der institutionellen Schulbildung auch die außerschulische Bildung für die Partizipation von Heranwachsenden von hoher Bedeutung, so Mansel. Philipp Kramberg aus Hockenheim berichtete von seiner Arbeit im Jugendgemeinderat in Hockenheim. Der Jugendgemeinderat pflege ein gutes Verhältnis zum Oberbürgermeister und zu den Fraktionen. „Wir besuchen die Fraktionssitzungen und sprechen die Gemeinderäte auf unsere Anliegen an. Das klappt ziemlich gut.“ Kramberg wies auf das Problem hin, dass mit jedem Wechsel des Jugendgemeinderats ein schmerzlicher Wissens- und Kompetenzverlust stattfände. Darum habe er mit seinen Kolleginnen und Kollegen eine Internet-Cloud angelegt, in die Dokumente, Kontakte und Erfahrungen abgelegt würden, damit Nachfolgerinnen und Nachfolger leichter starten könnten. Erler lobte das Modell als „Bilderbuch-Jugendgemeinderat“. Sie regte an, dass sich die Jugendgemeinderäte in Baden-Württemberg besser vernetzen sollten. „Durch die Corona sind wir über Videokonferenzen näher zusammengerückt. So könnte man sich vernetzen“, so Erler. Die Staatsrätin sagte, dass Sie und ihr Team prüfen werden, wie die Vernetzung und der Erfahrungsaustausch zwischen den Jugendgemeinderäten verbessert werden kann.

Im Rahmen des Workshops wurde auch besprochen, ob es notwendig sei, dass Gemeinden für eine besserer Jugendbeteiligung personell gestärkt werden müssten. Alexander Mansel von der Grünen Jugend berichtete, dass bei einer Befragung der baden-württembergischen Kommunen durch die Landeszentrale für politische Bildung, die Kommunen eine bessere Personalausstattung verlangten. Baumann und Erler waren sich einig, dass für eine bessere Jugendbeteiligung nicht mehr Personal bereitgestellt werden müsste. „Eine Beteiligung Jugendlichen ist eher eine Frage der Haltung. Hier ist jeder gefragt“, sagte Baumann. Erler ergänzte: „Nur über hauptamtliche Dezernenten werden wir die Welt nicht retten.“ 

Erler dankte den Jugendlichen für die sehr guten und inspirierenden Beiträge. Sie teilte mit, dass das Thema Jugendbeteiligung in der kommenden Legislaturperiode eine noch stärkere Rolle spielen müsse. Gerade beim Klimaschutz und bei kommunalen Verkehrsprojekten sollten Wege gefunden werden, wie sich Jugendliche wirksam einbringen könnten. „Es geht darum gemeinsam auch mit den Jugendlichen zu diskutieren, wie die Innenstädte der Zukunft aussehen sollen.“ Wieviel Raum solle für parkende Autos bereitgestellt werden und wieviel Raum für Kinder, Jugendliche und Menschen allen Alters, führte sie aus. Philipp Kramberg vom Jugendgemeinderat Hockenheim begrüßte diese Idee. „Wir haben bei uns in Hockenheim damit schon begonnen.“

Baumann sagte den Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu, in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren einen engen Kontakt zu jungen Menschen aus der Region zu halten. „Als ich mich als junger Mensch für den Naturschutz in Schwetzingen eingesetzt habe, wurde mein Engagement von Politikern meist als störend und lästig abgetan. Aus eigener Erfahrung weiß ich: Jugendlichen und jungen Menschen gilt es zuzuhören. Fordert das bei mir immer ein.“