Pressemitteilung vom 08.10.2020

Der grüne Landtagskandidat Dr. Andre Baumann hat sich mit der Kreisjägervereinigung Mannheim getroffen. Zusammenarbeit und Austausch zu jagdpolitischen und naturschutzfachlichen Themen wurde begonnen.

Oftersheim. Einstige Allerweltsarten wie Rebhuhn, Wachtel und Co. sind in den vergangenen Jahrzehnten auch in der Kurpfalz stark zurückgegangen. Wildschweinbestände dagegen „explodieren“ fast. Schäden in der Landwirtschaft nehmen durch Wildschäden zu. Wie sollten seltene Wildarten gefördert und wie „überhand nehmende“ Arten dagegen gemanagt werden? Wann und mit welchen jagdlichen Methoden? Der grüne Landtagskandidat Dr. Andre Baumann hat sich im Oftersheimer Schützenhaus mit Jägern des Hegerings Schwetzingen und der Kreisjägervereinigung Mannheim getroffen, bei dem Fragen der Jagd und des Naturschutzesbesprochen wurden. Dabei wurden auch Regelungen des baden-württembergischen Jagdrechts kontrovers diskutiert. Aber: „Uns eint mehr, als uns trennt. Und ganz klar: Wir können unsere kurpfälzische Heimat nur gemeinsam bewahren“, sagte Baumann. „Jäger sind wichtige gesellschaftliche Akteure beim Schutz der heimischen Natur. Und der Landesjagdverband ist ein vom Staat anerkannter Naturschutzverband.“

Zu Beginn des Gesprächs erklärte Baumann, dass er sich zur Jagd bekenne, wenn sie naturverträglich durchgeführt werde. „Ich möchte gerade auch als Grüner das Grüne Abitur ablegen“, sagte Baumann. Aus Zeitsprüngen habe er die Jägerprüfung als staatlich anerkannte Ausbildung mit Abschlussprüfung für Jagd und Naturschutz noch nicht ablegen können. „Wer Fleisch ist, sollte am besten Wildfleisch essen. Eine Sau im Wald hat ein glücklicheres Leben als jedes Schwein im noch so schönen Stall“, erklärte Baumann. Insofern sei die jagdliche Nutzung von Wildtieren grundsätzlich tierschutzgerechter als eine noch so gute Stallhaltung. Kontrovers wurde das Jagd- und Wildtiermanagementgesetz besprochen, das in der letzten Legislaturperiode unter dem grünen Landwirtschaftsminister Alexander Bonde verabschiedet wurde und in vielen jagdlichen Bereichen einen Paradigmenwechsel eingeleitet und eine Stärkung des Naturschutzes zum Ziel hatte. „Mir ist wichtig zu wissen, wie das Gesetz bei Ihnen ankommt und welche praktischen Erfahrungen Sie gemacht haben“, sagte Baumann, der sich bei der Entwicklung des Gesetzes als NABU-Landesvorsitzender intensiv eingebracht hatte. 

Kreisjägermeister Albrecht Vock kritisierte beispielsweise die mit dem Jagd- und Wildtiermanagement eingeführte bisherige Jagdruhe im März/ April, die aktuell nun noch um vier Wochen vorverlegt werden soll, in der auch Wildschweine nicht gejagt werden könnten. „Wir müssen auch in dieser Zeit Sauen bejagen können“, sagte Frank Lück, Leiter des Hegerings Schwetzingen. Nur wegen der Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest habe man kürzlich eine Sauenjagd in dieser Zeit wieder geöffnet. Baumann verdeutlichte den ursprünglichen Sinn der bisherigen Jagdruhe. Rehe, Hirsche und anderes Schalenwild könnten im Winter ihren Stoffwechsel auf Sparflamme herunterfahren, aber nur wenn es ruhig sei – und auch die Jagd ruhe. „Der Hirsch weiß nicht, dass im Winter der Büchsenschuss der Sau und nicht ihm gilt. Knall ist Knall“, sagte Baumann. Beruhigtes Wild helfe, Wildschäden in Wäldern, Feld und Flur zu reduzieren. Dr. Volker Diefenthäler, Obmann für Naturschutz der Kreisjägervereinigung und Agraringenieur, konnte dem nicht zustimmen: Der Vergleich zwischen Jagd und Winterruhe hinke, weil große Beutegreifer wie Luchs und Wolf ebenfalls keine Winterruhe einhielten und ihre Nahrungstiere im Winter nicht schonten.

In diesem Punkt kamen sich die Diskutanten am Abend nicht zusammen, in einem anderen Punkt schon: Dass gerade im Winter und im Frühjahr das Wegegebot von Spaziergängern, Reitern, Mountainbikern und das Anleingebot von Hunden einzuhalten ist. Wild sei kein lebendiges Spielzeug freilaufender Hunde, ganz besonders nicht im Winter und nicht während der Setz- und Aufzuchtzeit. Verordnungen und Gesetze zum Schutz der sensiblen Natur müssten eingehalten und konsequent kontrolliert werden. Die Ordnungsämter kontrollierten zu selten Anleinpflichten von Hunden selbst in Naturschutzgebieten. „Ich vermisse oft den Feldschütz, der einst in Feld und Flur für Ordnung sorgte“, sagte Baumann.

Die Jäger wollten von Baumann wissen, wie er zu den Schonzeiten von Neozoen, wie Waschbär und Nilgans, steht. Beide Arten werden auf der sogenannten Unionsliste invasiver Arten geführt. EU-Mitgliedsstaaten müssen Managementpläne zur Bekämpfung beider Arten erarbeiten und umsetzen. Baumann erklärte, dass er sich nicht schützend vor beide Arten stellt. 

Sehr ausführlich wurde die Situation und die Entwicklung der Natur des Hockenheimer Rheinbogen besprochen. Gerhard Herm kennt seit Jahrzehnten dieses Jagdrevier. Er ist hier Jagdpächter und fördert genauso lange die Natur des kombinierten Natur- und Landschaftsschutzgebiets. Er berichtete, dass Bestand der Rebhühner und der Feldlerchen dramatisch abgenommen habe, viele Brutvögel wie Großer Brachvogel und Rohrdommel seien im Gebiet ausgestorben. „Die landwirtschaftliche Nutzung wird auf manchen Flächen immer intensiver. Die Beregnung von landwirtschaftlichen Kulturen, Möhren- und Radieschen, nehme von Jahr zu Jahr zu. Volker Diefenthäler kritisierte den pflanzenbaulich unzureichenden Fruchtfolgewechsel auf manchen Ackerflächen und die weiterhinzunehmende Beregnung. Baumann, der den Hockenheimer Rheinbogen bestens kennt, konnte diese Entwicklung bestätigen. Die Forderung Herms, Gewässerränder und Dammbereiche, naturnah zu pflegen, unterstützte Baumann. Er berichtete, dass die Wasserwirtschaftsverwaltung ein Modellprojekt im Regierungsbezirk Karlsruhe durchgeführt habe, wie dies gelingen kann. „Gerade Fließgewässer sind zentrale Elemente des Biotopverbunds, den es auszubauen gilt.“ Baumann berichtet, dass er sich als Umweltstaatssekretär für dieses Ziel eingesetzt habe und man auf einem guten Weg sei.

„Wir brauchen mehr artenreiche Natur im Rheinbogen. Viele Landwirte arbeiten vorbildlich in der Landschaftspflege. Wir wissen also, wie und dass es geht. Wir müssen diese Erfolge noch ausweiten“, sagt der Baumann. Baumann versprach, sich dafür einzusetzen, dass ein Runder Tisch zum Hockenheimer Rheinbogen eingerichtet wird. An diesem solle mit den Gemeinden, Landwirtschaftsbetrieben, Umweltverbänden, Bürgerinnen und Bürgern und natürlich auch den Jägern die Entwicklungsziele des kombinierten Natur- und Landschaftsschutzgebiets erarbeitet werden, die es dann umzusetzen gelte. „Wir können die Natur und die Kulturlandschaften nur mit den bäuerlichen Betrieben erhalten. Darum brauchen wir den Schulterschluss mit der Landwirtschaft. Wiesen mähen sich nicht von alleine, das machen Landwirte. Aber klar ist für mich: Ich möchte im Rheinbogen eine attraktive und artenreiche Kulturlandschaft, in der Mensch und Natur in einem guten Gleichgewicht stehen.“ Dafür habe die grün-geführte Landesregierung Geldmittel bereitgestellt und die eingerichteten Landschaftserhaltungsverbände hätten die Aufgabe, dieses Miteinander von Landwirtschaft und Naturschutz Wiese für Wiese, Acker für Acker umzusetzen. Die anwesenden Jäger und Baumann beschlossen, in einem engen Austausch zu bleiben, um gemeinsame Anliegen zum Schutz der heimischen Tier- und Pflanzenwelt voranzubringen.