Pressemitteilung vom 19.11.2020

Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende der Grünen im bayerischen Landtag, nimmt in einer von Dr. Andre Baumann organisierten Video-Diskussion Stellung zu den Themen Sicherheitspolitik, Demokratieverteidigung, Polizeiarbeit, Hasskriminalität im Netz und den Umgang mit Verschwörungsbewegungen.

Islamistischer Terror, rechtsextreme Netzwerke und die Zunahme an Verschwörungstheorien verbreitenden Bewegungen bereiten den Bürgern hierzulande immer größere Sorgen. Die Menschen fragen sich deshalb: Wie können wir weiterhin frei und sicher leben? Wie sieht eine bürgernahe Innen- und Sicherheitspolitik aus? Wie steht es um die Demokratie-Verteidigung in Deutschland? Dr. Andre Baumann, hiesiger Landtagskandidat der Grünen, konnte für eine Video-Diskussion zu diesem Thema Katharina Schulze gewinnen. Die Fraktionsvorsitzende und innenpolitische Sprecherin der Grünen im bayerischen Landtag gilt als ausgewiesene Expertin auf diesem Gebiet.

In seinen Einführungsworten betonte Baumann, wie wichtig das Thema innere Sicherheit für die Grünen generell sei. So verwies er auf die erfolgreiche Entwicklung in der Zeit unter Ministerpräsident Winfried Kretschmann. „Die Kriminalitätsrate ist in Baden-Württemberg in den vergangenen Jahren zurückgegangen. Das liegt vor allem an der Polizei, die eine sehr gute Arbeit leistet“, sagte Baumann. Und mit Blick auf die Krawallnacht von Stuttgart, als zahlreiche Polizisten gewalttätig attackiert wurden, ergänzte er: „Wir als Grüne stellen uns sehr deutlich hinter die Polizisten. Wir haben eine bürgernahe Polizei. Gewalt an den Beamten verurteilen wir aufs Schärfste. Deshalb bin ich froh, dass das erste Urteil für die Krawallnacht in Stuttgart ein sehr hartes ist.“

Dass es in Baden-Württemberg eine bürgernahe Polizei gibt, begrüßte Baumann sehr. „Ich bin froh, dass unsere Polizei sich klar positioniert hat, als es um rechtsradikale Netzwerke innerhalb der Polizei ging. Es gibt bei uns eine klare Null-Toleranz-Strategie. Die Polizistinnen und Polizisten verteidigen unser Grundgesetz und müssen deshalb mit beiden Beinen auf dem Grundgesetz stehen. Wer gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung verstößt, weil er rechtsextremes Positionen vertritt, muss die voll Härte des Gesetzes spüren und gegebenenfalls den Polizeidienst verlassen.“ Für die Grünen in Baden-Württemberg sei es sehr wichtig, dass die Polizei gut ausgestattet sei. „Das haben wir in den vergangenen Jahren geschafft“, sagt Baumann. 1500 neue Polizistinnen und Polizisten sollen zudem bis 2021 eingestellt werden. „Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass wir die Eingangsbesoldung in den niedrigen Besoldungsgruppen angehoben haben“, so Baumann. Auch die Digitalisierung werde man weiter vorantreiben, „denn immer mehr Kriminalität findet im Cyberbereich statt.“ Ziel sei es, so Baumann, unsere Demokratie zu schützen und den Bürgerinnen und Bürgern ein freies und friedliches Leben zu ermöglichen.  

Dass dieser Ansatz auch für Katharina Schulze von großer Bedeutung ist, wurde in ihrem Impulsvortrag schnell klar. Schulze sei geprägt von ihrer Zeit auf dem Christoph-Probst-Gymnasium in Gilching. Probst war ein Mitglied der Widerstandsbewegung „Weiße Rose“. „Ich kann mich noch gut an meinen ersten Schultag dort erinnern. Da haben wir alle eine weiße Rose in die Hand gedrückt bekommen. Diese Gefühl, dass ich die Ehre habe, auf eine Schule zu gehen, die nach einem Mann benannt ist, der aufgestanden ist, die Demokratie verteidigt, sich gegen die Nazis gewehrt und das am Ende mit dem Leben bezahlt hat, weil er es nicht ausgehalten hat, stromlinienförmig mitzuschwimmen, das hat mich sehr geprägt. Das ist meine innere Motivation, Politik zu machen und unsere Demokratie ganz klar zu schützen“, sagte Schulze und ergänzte: „Deshalb war für mich klar, in eine Partie einzutreten, die Demokratie nach vorne stellt.“ So ist sie jetzt seit mehr als 12 Jahren Mitglied der Grünen, die ja die Bürgerrechtsbewegung in ihrer DNA haben. „Ich bin fest davon überzeugt, um die Demokratie zu schützen, brauchen wir eine engagierte und lebendige Zivilgesellschaft und starke Institutionen“, sagte Schulze. Sie wünscht sich, die Demokratie weiterzuentwickeln. Dabei schaut sie bisweilen aus Bayern neidvoll nach Baden-Württemberg: „Ihr habt BürgerInnen-Räte und Bürgerbeteiligungsprojekte. Da klaue ich mir die eine oder andere gute Idee. Denn Demokratie lebt vom mitmachen und mitbestimmen!“ 

Auch Schulze sei es, genau wie Baumann wichtig, die Institutionen zu stärken. „Institutionen wie zum Beispiel die Polizei, Justiz, Blaulicht-Organisationen sind für unsere Sicherheit da – dort kommen die Menschen mit dem Staat in Kontakt. Diese Institutionen müssen gut ausgestattet werden.“ Die Fragen, welche Aufgaben, die Institutionen haben, sieht Schulze aufgrund der wachsenden Belastung als wichtige Herausforderung. Sie verdeutlichte das Problem an einem Beispiel. „Seit langer Zeit wird über die Begleitung der Polizei von Schwertransportern diskutiert. In meinen Augen ist das eine Aufgabe, die anders organisiert werden könnte, damit sich die Polizei um andere Aufgaben, also ums Wesentliche kümmern kann.“

Wichtig sei ihr zudem die interne Kommunikation zu verbessern. Zum Beispiel im Bereich des internationalen Terrorismus. „Die Kommunikation unter den Behörden über die verschiedenen Ebenen hinweg funktioniert nicht immer. Entscheidende Informationen dürfen in der länderübergreifenden Arbeit zwischen den Behörden nicht verloren gehen. Der Bereich muss klarer strukturiert und rechtsstaatlich sicher aufgestellt sein.“

Außerdem sei es ihr wichtig, dass die besten IT-Experten für die staatlichen Institutionen arbeiten. Nur so könnten Terrornetzwerke oder organisierte Kriminalität zielgerichtet bekämpf werden. Schulze spricht sich hier für eine entsprechende Bezahlung und das verstärkte Anwerben von IT-Spezialistinnen und -Spezialisten aus. „Cyber-Kriminalität nimmt ständig zu. Um das zu bekämpfen und die Menschen zu schützen, brauchen wir die besten Leute.“

Am Herzen liegt Schulze zudem eine vielfältige Polizei, die einen Querschnitt der Gesellschaft abbildet. „Unterschiedliche Gedanken, Ideen, Vorstellungen, Sprachen und kulturelle Hintergründe sind wichtig und gut.“ Wolfgang Reich aus Brühl, seit 28 Jahren im Polizeidienst aktiv und aktuell im Bereich Extremismus-Prävention tätig, konnte das nur unterstreichen. Er hob vor allem den Vorteil von Kolleginnen und Kollegen mit Migrationshintergrund hervor: „Mit diesen Kollegen konnten viele Situationen besser gelöst werden, weil es keine Sprachbarriere gab. Eine kulturelle Vielfalt ist ein großes Plus für die Polizei.“

Beim Thema Justiz hatte Schulze ebenfalls Verbesserungen im Blick. Hier gelte es vor allem den Flaschenhals der Verfahren zu beseitigen. „Dass es keinen Bearbeitungsstau gibt, ist sehr wichtig. Was bringt uns gute Polizeiarbeit, wenn es dann bei den Verfahren stockt. Also braucht es auch in der Justiz ausreichend Personal!“

Ausführlich Stellung bezog Schulze zu den aktuellen Diskussionen um die Institutionen und dem Vorwurf der Instrumentalisierung zum Beispiel des Verfassungsschutzes. „Dass es eine kritische-konstruktive Diskussion über den Verfassungsschutz gibt, finde ich legitim und wichtig. Und Veränderungen und Reformen halte ich auch für sinnvoll, mit Blick in die Geschichte. Wir in Bayern wollen den Verfassungsschutz reformieren und zum Beispiel dafür sorgen, dass er mehr mit der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft zusammenarbeitet.“ Außerdem solle die parlamentarische Kontrolle des Verfassungsschutzes weiter gestärkt werden.

Eine klare Meinung hatte Schulze auch zum Umgang mit Verschwörungsbewegungenwie den Querdenkern. Hierzu hatte sich Gemeinderat Max Himberger aus Walldorf sich gemeldet. „Natürlich sind Diskussionen zu den Corona-Maßnahmen erlaubt und erwünscht. Die Szene wird aber immer mehr von Rechtsextremisten und Antisemiten unterwandert. Wenn man sich mit Radikalen gemein macht, muss ich die Frage stellen, was man als Demokrat auf so einer Veranstaltung macht. Ich finde es gut, dass sich die Behörden diese Szene genauer anschauen. Den Menschen sage ich: Bitte schaut, mit wem ihr auf die Straße geht.“ Wichtig sei ihr es generell, sich noch mehr mit Verschwörungsmythen zu beschäftigen und sich den Vertretern entgegenstellen. „Prävention, Aufklärung und Demokratiebildung sind zentral – in der Schule und außerhalb. Und: wir alle müssen den Mund aufmachen und klar benennen, wenn Grenzen überschritten, die Demokratie angezweifelt und Unwissenschaftlichkeit propagiert werden und dürfen auch Unsinn als Unsinn bezeichnen. Da ist klare Kante wichtig, auch in unseren Familien, in unserem Freundeskreis und unter Kolleginnen und Kollegen. Es ist unsere Aufgabe als Demokratinnen und Demokraten, auch in den sozialen Medien dagegenzuhalten und Gegenargumente zu platzieren“, sagte Schulze und ergänzte: „Darüber hinaus müssen alle Plattformen stärker in die Verantwortung gehen und Hatespeech entgegentreten. Hier muss die Politik handeln und die Betreiber in die Pflicht nehmen.“

Baumann sagte diesbezüglich, dass mit dem Gesetz gegen Hasskriminalität im Internet erste Erfolge zu verzeichnen sind, an denen die Grünen beteiligt waren. „Hass und Hetze müssen juristisch verfolgt werden. Ich bin außerdem froh, dass es jetzt in Baden-Württemberg möglich ist, auch vom Laptop aus direkt eine Strafanzeige zu stellen.“ Baumann nannte die baden-württembergische Meldestelle respect!, die Betroffene von Hass und Hetze im Netz berät und unterstützt.

Schulze schaute diesbezüglich wieder neidisch ins Nachbar-Bundesland. „Wir hinken da in Bayern hinterher. Es braucht eine virtuelle Polizeiwache und Beratungsstellen, an die sich von Hate-Speech-Betroffene wenden können. Nicht der Demokrat oder die Demokratin muss aus dem Netz weichen, der Hetzer muss verschwinden.“

(Bild KS: Andreas Gregor)