Pressemitteilung 8. März 2021
Die baden-württembergische Finanzministerin und grüne Landtagsabgeordnete Edith Sitzmann hat auf Einladung von Dr. Andre Baumann über finanzpolitische Erfolge und Herausforderungen gesprochen.
„Es braucht wieder ein Gefühl für Zahlen. Gerade wird mit Millionen und Milliarden jongliert“, sagte Finanzministerin Edith Sitzmann. „Wenn eine Sekunde einem Cent entspricht, dann entspricht eine Million Sekunden elf Tagen. Eine Milliarde Sekunden aber 31 Jahre. Das ist ein gewaltiger Unterschied.“ Bei einem finanzpolitischen Abend von Dr. Andre Baumann zeigte die grüne Finanzministerin anhand der zurückliegenden fünf Jahren auf, wie nachhaltige Finanzpolitik aussieht und wie eine zukünftige Finanzpolitik aussehen müsse.
Nachhaltige Finanzpolitik sei eine Frage der Generationengerechtigkeit, sagte Sitzmann. Insbesondere bei finanzpolitischen Entscheidungen müsse man an zukünftige Generationen denken,. Nur so schaffe man Gestaltungsspielraum für künftige Abgeordnete und Minister. „Wir haben es nicht nur geschafft keine neuen Schulden aufzunehmen, erstmals in der Geschichte des Landes lief die Schuldenuhr rückwärts.“ berichtete Sitzmann. „Zudem ist es gelungen klug in Zukunftsthemen zu investieren und umfangreiche Rücklagen zu bilden – bis Corona kam“, führte Sitzmann aus. Zwischen 2017 und 2019 wurden erstmals Schulden in Höhe von 1,25 Milliarden Euro zurückgezahlt. Zeitgleich wurden mit der bis dahin größten Investitionsoffensive mehr als zwei Milliarden Euro in die Infrastruktur investiert. Gelder für die energetische Sanierung von Gebäuden und den Ausbau der erneuerbaren Energien kämen dem Klimaschutz zu Gute, zugleich würden langfristig die Kosten gesenkt. So gehe nachhaltige Finanzpolitik. Natur- und Klimaschutz profitierten vom Ankauf von Flächen wie Mooren, welche einen bedeutenden CO2-Speicher darstellen. Sitzmann erinnerte daran, dass es das Geld der Steuerzahler sei, „das wir verwalten.“ Politik zeichne sich nicht dadurch aus, einen bestimmten Betrag auszugeben, sondern konkrete Ziele zu erreichen.
Um die Coronapandemie zu bewältigen, mussten jedoch 13,5 Milliarden an zusätzlichen Krediten aufgenommen werden. Bundesprogramme würden vom Land Baden-Württemberg ergänzt, um besonders betroffene Bereiche zu unterstützen. Soloselbstständige profitierten auf diese Weise von einem Unternehmerlohn für den Lebensunterhalt, um nicht in Hartz IV abzurutschen. Für einzelne Branchen wie Hotellerie, Gastronomie, Schaustellergewerbe und Busunternehmen wurden eigene Landesprogramme aufgelegt, um Einnahmeausfälle auszugleichen. Besonders stark setze sich das Land für die Kommunen ein. Die grüne Fraktion sei „eine sehr kommunalfreundliche Fraktion“, betonte Sitzmann. Es gelte, die Investitionsfähigkeit der Kommunen zu erhalten, in dem die Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer kompensiert werden. Gegenüber dem Jahr 2010 seien die Mittel an die Kommunen inzwischen verdoppelt worden.
Fest steht: Über einen Zeitraum von 25 Jahren, beginnend im Jahr 2024, sollen die zusätzlichen Schulden getilgt werden. Die Schuldenbremse, mitten in der Pandemie von allen Fraktionen im Landtag gemeinsam beschlossen, gilt. Nachhaltige Finanzpolitik eben. Dabei dürfe man den „Klimawandel und -schutz nicht aus den Augen verlieren, trotz Corona“, mahnte Edith Sitzmann an. Dies sei „die große existenzielle Herausforderung der nächsten Jahrzehnte.“ Klug zu sparen, um „an manchen Stellen klug und kräftig zu investieren, weil die Zukunftsaufgaben, die warten eben nicht“, forderte Andre Baumann. „Wir müssen überlegen, wie wir mit weniger Mitteln wichtige Ziele erreichen“, sagte Sitzmann. Sie schlug vor, „erst die Ziele zu definieren, dann zu überprüfen, haben wir die Ziele mit dem Förderprogramm erreicht.“ Hierfür brauche es einen Paradigmenwechsel. Thomas Burger, grüner Gemeinderat in Plankstadt, schlug vor, künftig kreativ bei den Investitionen sein. Es sei nötig, gewohnte Abläufe zu überwinden und „in Zukunft Dinge anders zu machen.“ „Wenn man weniger Geld hat, muss man noch kreativer, noch innovativer sein“, forderte er. Indem die Bürger an Entscheidungen zunehmend beteiligt würden, könne deren Akzeptanz gesteigert werden. Dass ein Mehr an Bürgerbeteiligung für alle Beteiligten einen Mehrwert bringe, bestätigte Sitzmann.
Dass Bauen und Wohnen nachhaltiger werden, darauf zielt Baden-Württembergs erstes Steuergesetz. Als „einfach, transparent, verfassungskonform und ökologisch“ charakterisierte Sitzmann das neue Gesetz zur Landesgrundsteuer, welches vor wenigen Monaten verabschiedet werden konnte. Nur die Grundstücksfläche und der Bodenrichtwert werden bei der Berechnung der Grundsteuer berücksichtigt. Auf die streitanfällige Gebäudekomponente aus dem Bundesmodell wird verzichtet. Für Wohngebäude gibt es darüber hinaus einen Abschlag. Zudem werden unbebaute Grundstücke gleich wie bebaute Grundstücke behandelt. Dadurch entsteht ein höherer Druck zur Bebauung unbebauter Grundstücke. Auf diese Weise werden für den dringend benötigten Wohnraum weniger neue Wohngebiete gebraucht.
Angesichts der großen gesellschaftlichen Herausforderungen folgerte Andre Baumann: „Es braucht starke Grüne, die – auch in der Finanzpolitik – die richtigen Entscheidungen mit Maß und Mitte, faktenbasiert und zum immer zum Wohle dieser und nächster Generationen treffen.“