Der Grüne Landtagsabgeordnete Dr. Andre Baumann und Dr. med. Gerhard Veits sehen Licht am Ende des Tunnels – „Jetzt nicht nachlassen“ – Gute Ideen sind gefragt.
„Corona bestimmt auch knapp zwei Jahre nach dem ersten Ausbruch unseren Alltag und den gesellschaftlichen Diskurs. Ich bin froh, dass rund 80 Prozent der Bürgerinnen und Bürger die Corona-Maßnahmen und Schutzimpfungen grundsätzlich unterstützen. Dennoch wird die Kritik gegen Corona-Maßnahmen lauter, die Fronten drohen sich zu verhärten. Wir sehnen uns alle nach Normalität, aber es ist so wie es ist: Wir müssen in den nächsten Wochen die Omikron-Welle brechen“, erklärte Baumann, der zu einer Bürgersprechstunde rund um das Thema Corona eingeladen hatte. Mit dabei war der Wieslocher Kinderarzt Dr. med. Gerhard Veits, der in den letzten Monaten und Jahren tausende von Corona-Schutzimpfungen durchgeführt und unzählige Impfaktionen organisiert und begleitet hat.
„Das Virus stellt uns vor große Herausforderungen, es nervt und es ist noch immer gefährlich“, so Baumann. „Man kann über viele Maßnahmen diskutieren. Es gibt ein Recht auf freie Meinungsäußerung und die Demokratie gewinnt durch den Wettstreit verschiedener Ideen.“ Es gebe jedoch eine Grenze, ab der man nicht mehr diskutieren könne, wenn nämlich die wissenschaftlichen Daten und Fakten geleugnet oder Entscheidungstragende beleidigt würden. „Es gibt ein Recht auf eine eigene Meinung, aber kein Recht auf eigene Fakten. Winfried Kretschmann ist kein Diktator. Und Gerhard Veits, du bist kein böser Mensch, weil du Menschen impfst. Solche Aussagen gehen gar nicht.“ Baumann erläuterte, dass es sich die Landesregierung nicht einfach macht, Tatsachen würdigt und Maßnahmen gegeneinander abwägt, bevor Entscheidungen getroffen werden.
„Nicht nur gegen die Maßnahmen der Politik, auch gegen die Impfung gibt es Vorbehalte“, sagte Veits. Sie seien alle unberechtigt. Die Impfung sei ein gutes Mittel, die schweren Folgen der Erkrankung zu verhindern. „Wir sehen den Effekt der Impfungen ganz deutlich. Die Inzidenzen steigen zwar, aber die Intensivstationen sind im Gegensatz zu vor einem Jahr weniger voll.“ Das Problem seien die vielen Ungeimpften. Veits sieht auch etwas Licht am Ende des Tunnels: Die Omikron-Variante sei möglicherweise der Übergang des Virus in eine Husten-Schnupfen-Variante. „Omikron ist somit der Vorbote milder Verläufe. Aber dennoch müssen wir achtsam sein, da erstmal noch höhere Belastungen für das Gesundheitssystem zu erwarten sind.“ Denjenigen, die der Impfung wegen möglicher negativer Folgen skeptisch gegenüberstehen, gibt Veits eine beruhigende Antwort: „In meiner eigenen Impftätigkeit ist bei rund 20.000 Impfungen kein einziges gesundheitliches Problem aufgetreten.“
„Wie können wir insgesamt wieder aus der Pandemie ´gut´ rauskommen?“, fragte die Grüne Stadträtin Kathrin Vobis-Mink aus Schwetzingen. „Wie kommen wir raus aus der Pandemie? Und wie kommen wir rein in die Endemie, in der das Virus zwar dauerhaft in der Bevölkerung zirkuliert, jedoch bei niedrigeren Infektionszahlen und saisonalen Schwankungen?“ „Das macht das Virus alleine“, erklärte Veits. „Die nächste Mutation ist vielleicht ansteckender als Omikron, aber milder. Das Problem erledigt sich dadurch, dass das Virus noch häufiger in der Bevölkerung vorkommen wird und dadurch eine größere Immunität aufgebaut wird. Im Sommer und danach könnte es dann gut aussehen“, so Veits.
Das Problem für die Politik jedoch sei das Risiko, das momentan noch für nicht geimpfte oder besonders vulnerable Personen besteht. „Sollen wir es akzeptieren, dass die Ungeimpften erkranken und das mit teilweise sehr schweren Verläufen oder können nicht vielleicht doch so viele Menschen geimpft werden, dass wir eine Art von Herdenimmunität erreichen und so aus der Pandemie herauskommen?“, fragte Baumann. Und der Abgeordnete fügte hinzu, dass es für ihn trotz Omikron-Variante noch keinen Grund zur Entwarnung gäbe. „Mich würde es sehr freuen, wenn wir langsam aus der Pandemie herauskommen würden.“ Weitgehende Lockerungen sieht Baumann jedoch momentan noch nicht: „Wir haben momentan noch zu viele ungeimpfte Menschen – da ist das Risiko einfach noch zu groß.“
Sigrid Schüller aus Plankstadt fragte, warum einige Impfzentren schon wieder schließen: „Liegt das an einem mangelnden Andrang?“ Veits erklärte, dass wohnortnahe Angebote gut seien: „Die Leute müssen abgeholt werden und dafür brauchen wir gute Ideen.“ Es sei im Nachhinein ein Fehler gewesen, die Impfzentren zu schließen, aber zum Zeitpunkt des Schließens sei nicht bekannt gewesen, wie wichtig das Boostern ist. Dadurch ließen sich die Verzögerungen beim Boostern teilweise erklären. „Aber es gab auch gute Ideen und Projekte, um Menschen zu erreichen, wie beispielsweise Gemeindeimpftage oder die noch immer sehr aktiven mobilen Impfteams, die in die Wohnheime und andere Einrichtungen fahren, um die Menschen vor Ort bei sich zuhause zu impfen.“
Eine Bürgerin, die auf häusliche Pflege angewiesen ist, erzählte von ihren Erfahrungen in der Pandemie. Ihr Vater sei an Corona erkrankt und dadurch sei es schwierig gewesen, einen Pflegedienst zu organisieren, der ihre Pflege auch unter diesen Bedingungen übernehme. Veits erklärte, dass es keinen Grund gäbe, die Pflege wegen einer Corona-Erkrankung einzustellen. Es müssten allerdings die entsprechenden Hygienemaßnahmen eingehalten werden. Baumann versprach, in der Sache nachzuhaken und Kontakt zu Fachleuten zu vermitteln.
Ebenso versprach er, in einer anderen Sache nachzuforschen: Ein weiterer Bürger berichtete, dass seine Ärzte ihm nach seiner Coronaerkrankung aus medizinischen Gründen von einer erneuten Impfung abgeraten hatten. „Jetzt habe ich das Problem, dass ich nicht mehr die 3G-Kriterien für Bus und Bahn erfülle, wenn ich nicht vor jeder Fahrt zur Arbeit erstmal einen Test mache.“ Zwar gäbe es auch die Möglichkeit, sich durch ein ärztliches Attest befreien zu lassen, aber er hat Angst vor einer Stigmatisierung, davor, mit Corona-Leugnern in einen Topf geworfen zu werden. Sein Verständnis für Leugner und Spaziergänger halte sich nämlich sehr in Grenzen. Er wäre froh gewesen, wenn er vor seiner Erkrankung eine Impfung gehabt hätte. Baumann erklärte, dass die Politik auch an Menschen denken müsse, die sich nicht impfen lassen können. „Dafür muss es eine pragmatische Handhabe für diejenigen geben, die die Impf- und Testzertifikate prüfen.“ Auch Gerhard Veits bot an, in der Sache zu beraten und gemeinsam eine Lösung zu finden.
Eine gute Stunde dauerte die Sprechstunde und die Anwesenden waren sich einig: Nicht gegeneinander, sondern miteinander müsse man sprechen, um gemeinsam Lösungen zu finden. Darum werde es auch in Zukunft weitere Sprechstunden geben, in denen Baumann zu tagesaktuellen Themen mit Fachexpertinnen und Fachexperten gemeinsam Rede und Antwort stehen wird.