Dr. Andre Baumann begab sich mit Bürgerinnen und Bürgern auf die Spuren von Lithium und Erdwärme

Bereits zum zweiten Mal begab sich der Landtagsabgeordnete der Grünen, Dr. Andre Baumann, auf eine Exkursion zur Tiefengeothermie. „Auf den Spuren von Lithium und Erdwärme“ lautete das Motto der Fahrt, bei der sich die Teilnehmenden an drei Stationen in Ruhe umfassend informieren konnten. Und zwar über die Gewinnung von Lithium, Erdwärme und Strom aus Thermalwasser.

Gut 30 Personen konnte Baumann nach der Abfahrt im Bus begrüßen und wies gleich auf die großen Aufgaben hin, die im Zuge der Energiewende vor uns liegen. „Wir sind verantwortlich für zehntausende von Bürgerinnen und Bürgern, damit sie auch in Zukunft bezahlbare Wärme haben“, erklärte Baumann auf der Busfahrt. Alleine rund 12.000 Haushalte würden über die Fernwärme des Kohlekraftwerk Mannheim versorgt werden. „Bis zum Jahr 2030, an dem der Block 9 des Großkraftwerks vom Netz gehen könnte, sind es nur noch acht Jahre. Bis dahin brauchen wir Alternativen auch für die Wärmeversorgung: Flusswärmepumpen, Biomassekraftwerke oder eben auch die Tiefe Geothermie. Und diejenigen, die mich kennen wissen, dass ich zu 100 Prozent von der Geothermie überzeugt bin“, so Baumann. Gerade im Bereich der Wärmeversorgung sieht der Abgeordnete einen zentralen Sektor des Klimaschutzes: „Etwa die Hälfte des gesamten Energieverbrauchs entfällt auf den Wärmebereich. Wärmeenergie kann und muss durch Sanierungen eingespart werden. Wärmepumpen und Wärmenetze werden die dann noch notwendige Wärme liefern. In Wärmenetze gilt es erneuerbare Wärme einzuspeisen – sinnvollerweise auch durch Erdwärme aus der Tiefe.“

Im Labor in Karlsruhe-Durlach findet die Grundlagenforschung für die Gewinnung von Lithium aus Thermalwasser statt. „Willkommen in der Zukunft“, mit diesen Worten begrüßte Beate Holzwarth von Vulcan Energie Ressourcen die Teilnehmenden und lud sie ein, einen Blick in die Energiegewinnung der Zukunft zu werfen.

Dr. Andre Baumann mit einem Teil der Gruppe im Labor in Karlsruhe-Durlach

Dr. Horst Kreuter und Thorsten Weimann warfen dann auch einen Blick in die Zukunft, denn der Oberrheingraben sei als heißeste geothermische Region in Mitteleuropa für die Wärmeversorgung hochgradig interessant. Und alleine durch die Wärme des bis zu 160 Grad heißen Wassers, könne enorm viel CO2 eingespart werden. Einen Wärmeliefervertrag mit der MVV habe das erfolgreiche Unternehmen, das 2018 als Start-up begann, bereits in der Tasche. Aber nicht nur die Wärmeversorgung ist für Vulcan Energie interessant, sondern auch der hohe Lithiumgehalt im Thermalwasser. Bis zu 180 mg dieses begehrten Rohstoffs, der unter anderem für Autobatterien notwendig ist, befindet sich in einem Liter Thermalwasser. Und auch hier gibt es große Pläne:

„In Europa sind zurzeit um die 50 Batteriefabriken in der Planung und dafür wird Lithium benötigt. Unser Lithium könnte ab 2025 zum Beispiel nach Kaiserslautern gehen, wo es in Batterien für die Elektromobilität verwendet wird“, erklärte Dr. Kreuter. Auch hier existiere bereits ein Liefervertrag mit einem Automobilhersteller.

Aber grau ist alle Theorie und darum machten sich die Teilnehmenden nach dem Vortrag selbst ein Bild von der Lithiumgewinnung. Dr. Angela Digennaro und ihr Team statteten die Besuchergruppe mit Laborkitteln und Schutzbrillen aus und dann ging es auch schon los. Das Verfahren an sich ist eher unspektakulär: Mit Hilfe bestimmter Sorbenten werden die Lithium-Ionen aus dem Thermalwasser eingefangen und dann aus dem Trägermaterial herausgelöst. Das so gewonnene Gemisch aus Wasser und Lithium wird dann in einer Fabrik in Frankfurt zu Lithiumhydroxid weiterverarbeitet. „Hier im Labor lernen, messen und analysieren wir die Prozesse, die wir dann im großen Maßstab in der Praxis einsetzen“, erklärte Digennaro.

Dr. Andre Baumann auf dem Gelände des Geothermiewerks Insheim

Im Anschluss ging es weiter nach Insheim ins Geothermiekraftwerk von Vulcan Energie. Da solche Anlagen auch Anlass zu Ängsten vor Erdbeben geben, erklärte Baumann während der Fahrt den rechtlichen Rahmen, der sich aus dem Bundesbergbaugesetz ableite: „Bei auftretenden Schäden gilt nach Bundesrecht die Vermutung, dass der Bergbaubetrieb den Schaden verursacht habe. Das ist eine Beweislastumkehr zugunsten der Hausbesitzer. Denn nicht die müssen nachweisen, dass eine Geothermieanlage Schuld am Schaden hat, sondern umgekehrt muss der Betreiber nachweisen, dass der Schaden nicht von seiner Anlage stammt.“ Außerdem schreibe das Land Baden-Württemberg den Betreibern eine Haftpflichtversicherung vor. Aktuell  werde empfohlen solche Versicherungen abzuschließen, die nicht nur den aktuellen Zeitwert abdeckten, sondern den Neuwert von Gebäuden, falls wider Erwarten doch etwas passiere. „Wichtig ist, dass in Baden-Württemberg Vertrauen aufgebaut wird, das andernorts leider zerstört wurde. Bei uns im nördlichen Oberrheingraben gibt es nur eine sehr geringe natürliche Seismizität. Da kann nicht viel passieren, es wird mit geringen Drücken gearbeitet und falls wider Erwarten etwas passieren sollte, wären die Häuslebesitzer auf der sicheren Seite. Das ist ganz wichtig“, so Baumann.

Dr. Andre Baumann mit Uwe Künzel und Patrick Seidel

Das Thema Versorgungssicherheit ist für den Abgeordneten prioritär. „Bei der Geothermie geht es mir vor allem um die Wärme. Es geht nicht darum, einen maximalen Stromverbrauch aus Geothermie zu decken, sondern um eine verlässliche Wärmeversorgung – gerne auch in Verbindung mit einer Lithium-Produktion. Baden-Württemberg muss die Windkraft und die Photovoltaik massiv ausbauen. Außerdem wird unser Land Energieexportland bleiben und darum sind wir auch darauf angewiesen, Strom aus Norddeutschland zu bekommen“, spielt Baumann auf den geplanten Ausbau des Stromnetzes in der Region an. „Aber auch Stromspeicher, zum Beispiel in Form von Haus- und Quartierspeichern werden in Zukunft nötig sein, um auch in Spitzenzeiten und in der sogenannten ‚Dunkelflaute‘, wenn sich Windräder nicht drehen und die Sonne nicht scheint, mit Strom versorgt zu sein.“ Die Energieversorgungsunternehmen jedenfalls machten sich mit dem Land auf den Weg: „Mit der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger und der Städte und Gemeinden bauen wir an der Energiewende. Mit Bürgerenergiegenossenschaften und mit kommunalen Projekten, die beispielsweise über die Pachteinnahmen von Windrädern Geld in den Haushalt spülen.“

Vor Ort am Kraftwerk verschaffte sich die Besuchergruppe einen Eindruck über das Kraftwerk. Das war wegen der Frühjahrswartung leider nicht in Betrieb, aber die Besucherinnen und Besucher konnten sich dennoch ein gutes Bild von der Technik machen. Beeindruckend war die hochmoderne Leitwarte, die das Kraftwerk vollständig automatisch steuert, aus Sicherheitsgründen aber dennoch rund um die Uhr von Mitarbeitenden überwacht wird. Das Kraftwerk übernahm Vulcan Energie von den Pfalzwerken, die es zur Stromproduktion einsetzte. „Unser Ziel ist es jedoch, Fernwärme nach Landau zu liefern. Dafür bauen wir gerade um“, erklärte Dr. Horst Kreuter. Vor Ort informierten Tobias Hochschild und Dr. Thomas Aicher über die Geologie des Oberrheingrabens und die sogenannte 3-D-Seismik. Das ist ein Verfahren, mit dem der Untergrund genau vermessen wird, um die Bohrungen für die Geothermie präzise und gefahrlos vorzunehmen.

Am Rande entstanden weitere interessante Diskussionen, die sich vor allem um die praktische Umsetzung drehten: Wie funktioniert der Anschluss von Häusern ans Fernwärmenetz? Gibt es Wärmeverluste? Am Ende war klar: Ein Unternehmen alleine kann die Wärmeversorgung nicht sicherstellen. Betreiber von Geothermieanlagen benötigen Partner bei der Wärmeleitung: kommunale Versorgungsunternehmen, kommunale Initiativen und Genossenschaften zum Beispiel, die Wärmenetze verlegen und betreiben. Zum Beispiel bei Straßensanierungen.

Eine Bürgerinformationsveranstaltung in Herxheim bildete den Schlusspunkt der Exkursion. An verschiedenen Thementischen konnten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit den Experten von Vulcan Energie zu allen wichtigen Themen austauschen: Zur Geologie, zur 3-D-Seismik, zum Wasserverbrauch bei der Lithiumgewinnung oder beispielsweise die rechtlichen Rahmenbedingungen und Genehmigungsverfahren. Aber auch konkrete Fragen zur Schadensregulierung konnten gestellt werden und wurden beantwortet.

Ein besonders wichtiges Thema war und bleibt weiterhin die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger vor Ort. „Von der einfachen Bürgerbeteiligung bis hin zur Bürgerenergiegenossenschaft geht es uns darum, wie wir Partizipation auf die Beine stellen können“, erklärte Beate Holzwarth. Und das war schließlich auch das Anliegen von Dr. Andre Baumann: „Wir müssen Aufräumen mit alten Mythen. Wir müssen die Bürgerinnen und Bürger mitnehmen, informieren und teilhaben lassen an der Energiewende. Denn die schaffen wir nun mal nur gemeinsam.“