Die parkartige Landschaft des Hirschackerwaldes ist für viele Menschen ein Wohlfühlort.

Dr. Andre Baumann führte Interessierte durch die Dünengebiete des Natur- und Landschaftsschutzgebietes „Hirschacker und Dossenwald“

Knorrige uralte Eichen und Kiefern stehen vereinzelt in einer parkartigen Landschaft mit Heide und Grasvegetation. „Das Heidegebiet des Hirschackerwaldes ähnelt Gemälden von Caspar David Friedrich und ist eine Wohlfühllandschaft“, sagte Dr. Andre Baumann. „Parkanlagen ähneln Savannen-Landschaft in Afrika, der biologischen Wiege der Menschheit. Statt Schirmakazien kommen bei uns Kiefern und Eichen vor.“ Der grüne Landtagsabgeordnete und Naturschutz-Biologe hatte zu einer naturkundlich-politischen Exkursion in das kombinierte Natur- und Landschaftsschutzgebiet „Hirschacker und Dossenwald“ eingeladen. Unterwegs war er diesmal mit einer kleinen Gruppe Interessierter, was wahrscheinlich dem mit dichten Wolken verhangenen Himmel geschuldet war.

Dass der zum Nationalen Naturerbe Deutschlands gehörende Hirschackerwald bei besseren Wetterbedingungen ein sehr beliebter Naherholungsort ist, lässt sich vielleicht tatsächlich auf die 1980 von dem amerikanischen Soziobiologen Gordon Orians erarbeitete Savannen-Theorie zurückführen. Dieser zufolge gibt es eine arttypische menschliche Ideallandschaft, die im kollektiven Gedächtnis der Menschheit erhalten geblieben ist: die Savannen im Hochland des östlichen und südlichen Afrikas. Und auch Kurfürst Carl Theodor wusste im 18. Jahrhundert die lichte Landschaft des Hirschackerwalds zu schätzen, wies er doch die Architekten des Schwetzinger Schlossgartens an, diesen teils ähnlich diesem, seinem Jagdwald zu gestalten, erläuterte Baumann.

Die Besonderheiten der Dünengebiete im Hirschackerwald zeigte Dr. Andre Baumann den Teilnehmerinnen und Teilnehmern seiner Exkursion.

Beweidung und Panzer haben offene Dünenlandschaft entstehen lassen

Zu Beginn der Exkursion berichtete Baumann von der Entstehung dieser vielfältigen kurpfälzischen Landschaft im heutigen Natur- und Landschaftsschutzgebiet „Hirschacker und Dossenwald“, die zu den bedeutendsten Flugsandgebieten in Baden-Württemberg gehört. „Die Sandverwehungen, die hier am Ende der letzten Eiszeit entstanden, bilden die badischen Binnendünen mit bis zu 13 Metern Höhe. Doch auch der Mensch hat diese Landschaft stark geprägt“, so Baumann. „Über Jahrhunderte haben Bauern ihr Schafe und Ziegen, Schweine und Rinder in den Wäldern weiden lassen. Und später war es lange Zeit militärisches Übungsgelände, erst der deutschen Wehrmacht, dann der amerikanischen Streitkräfte.“ Beweidung und Panzer hätten also diese offene Dünenlandschaft entstehen lassen, in der heute die seltensten und gefährdetsten Tier- und Pflanzenarten unseres Landes vorkämen, wie die Heidelerche, die kleinste Wildbienenart Deutschlands, das Steppenbienchen oder die im Spätsommer blühende Sandstrohblume. Über letztere, die im Hirschackerwald ihren größten Bestand in Süddeutschland hat, hat der Biologe Baumann seine Diplomarbeit geschrieben und ist auch aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit für den NABU, zunächst als Bezirks- später als Landesvorsitzender, einer der besten Kenner des Gebietes.

In seiner Funktion als NABU-Landesvorsitzender konnte Baumann auch nach dem Abzug der US-Army erreichen, dass der gesamte militärische Standortübungsplatz in das Nationale Naturerbe überführt wird. Eigentümer des „Panzerwalds“, wie der Hirschackerwald von Einheimischen genannt wird, wurde die NABU-Stiftung Nationales Naturerbe. Auch für ausreichende Geldmittel für Pflegemaßnahmen wurde gesorgt. Der hauptamtliche NABU-Pflegetrupp arbeitet hier mit der staatlichen Naturschutzverwaltung zusammen. „In den vergangenen Jahren ist hier ein sechsstelliger Eurobereich für Pflegemaßnahmen investiert worden“, so Baumann. „Und das hat sich gelohnt: Heute ist der Hirschackerwald eines der wertvollsten Naturschutzgebiete in unserer Region und kann als Beispiel dienen etwa für die Sanddünen in Oftersheim und ähnliche Projekte.“

Ein Motiv, dass wohl auch der Maler Caspar David Friedrich gemalt hätte: eine Ziegenherde unter einer alten Hute-Eiche am ehemaligen Appellplatz im Hirschackerwald.

Kurpfälzer haben eine besondere Verantwortung

Die offene Landschaftsstruktur zu erhalten sei wichtig für die vielen Pflanzen- und Tierarten, die in ganz Baden-Württemberg nur hier in den kargen Ökosystemen der „Wüsten der Kurpfalz“ vorkommen. Diese seien wahre Überlebenskünstler: „Wer hier überlebt, muss damit zurechtkommen, dass der Dünensand im Sommer bis zu 60 Grad Celsius heiß werden kann. Das Wasser wird im Sand nur schlecht gespeichert und der Sandboden ist ausgesprochen nährstoffarm“, erklärt Baumann. Aber von diesen angepassten Pflanzen gibt es mehr als man denkt: Da wären zum Beispiel der nach Zitrone duftende und schmeckende Sandthymian, das in Baden-Württemberg gefährdete Silbergras und die Sandstrohblume, die sich den Exkursionsteilnehmern in voller Blüte präsentierte.

Auch eine Blauflügelige Ödlandschrecke konnten die Teilnehmer an diesem Tag bewundern, ebenso wie einer Ziegenherde bei der Landschaftspflege zuschauen. „Das Land Baden-Württemberg fördert die Beweidung hier“, berichtete Baumann. „Maschinen können die Tiere nicht ersetzen, denn sie halten nicht nur die Landschaft offen, sondern transportieren über ihr Fell und ihren Kot auch Samen weiter. Somit leisten sie einen unerlässlichen Beitrag für den Erhalt der selten Pflanzenarten.“ Die Silbergrasrasen, die Sandmagerrasen und die Dünenheide des Hirschackerwaldes gehörten zum Europäischen Naturerbe Natura 2000 und seien etwas ganz Besonderes. „Und somit haben wir Kurpfälzer für sie auch eine ganz besondere Verantwortung.“

Ist einer der besten Kenner der Dünengebiete im Hirschackerwald: Dr. Andre Baumann.