Andre Baumann und Patrick Alberti im Gespräch mit Daniel Pientka von PLUS Rhein-Neckar_Bild Büro Baumann

Unaufgeregt, professionell und transparent berät PLUS Rhein-Neckar queere Menschen, seit 2022 auch im Rhein-Neckar-Kreis gefördert – Dr. Andre Baumann und Patrick Alberti haben sich nach dem Angebot erkundigt

Die Beratungsstelle PLUS (Psychologische Lesben- und Schwulenberatung Rhein-Neckar e.V.) leistet eine sehr wichtige Aufgabe für Menschen bei Fragen zur Vielfalt von sexueller Orientierung und Geschlecht. Als im November 2021 die Weiterförderung durch den Kreistag auf der Kippe stand, waren auch Dr. Andre Baumann, der Landtagsabgeordnete der Grünen, und Patrick Alberti vom Grünen Kreisverband Kurpfalz-Hardt und dem Orga-Team der Dorfpride, zur Stelle. Gemeinsam mit vielen anderen Initiativen setzten sie sich für die Anerkennung der Arbeit von PLUS ein, und am Ende konnte überzeugt werden: Mit über 30.000 Euro wird nun jährlich die Arbeit von PLUS im Rhein-Neckar-Kreis unterstützt. Alle Kreistagsfraktionen des demokratischen Verfassungsbogens hatten am Ende für die Förderung von PLUS gestimmt. Eineinhalb Jahre später haben sich Baumann und Alberti in einem Online-Gespräch danach erkundigt, was die Förderung bewirkt hat.

„Die Förderung des Rhein-Neckar-Kreises bedeutet eine echte Verbesserung“, berichtete Daniel Pientka, Psychologe und Teil der Organisationsleitung bei PLUS. Bisher konnten Menschen bezüglich ihrer sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität nur in Heidelberg und bis 27 Jahre auch in Mannheim kostenfrei beraten werden. Dank einer Förderung des Landes Baden-Württemberg gab es für Personen aus dem Rhein-Neckar-Kreis zumindest das Angebot einer kostenlosen Erstberatung, aber nach drei Terminen war jede weitere Beratungsstunde kostenpflichtig. „Für viele Menschen stellte das eine finanzielle Hürde dar, und da ist die Förderung vom Kreis absolut hilfreich“, so Pientka. Dies spiegelt sich auch in den Beratungszahlen 2022 wider. So konnten knapp 100 Personen aus dem Rhein-Neckar-Kreis bereits beraten werden, und die Zahl steigt.

„Eigentlich sollte es egal sein, wen jemand liebt und welche geschlechtliche Identität eine Person für sich wählt“, stellte Baumann fest. Aber in unserer Gesellschaft sei dies leider noch nicht immer der Fall. In der Realität erfahren queere Menschen nicht nur oftmals Ablehnung in der Gesellschaft, im Freundeskreis, in der Familie, bei der Arbeit und in vielen anderen Kontexten. „Viele Menschen haben die Ablehnung sogar internalisiert und in ihr eigenes Selbstbild aufgenommen, was sich wiederum negativ auf die psychische Gesundheit auswirkt“, erklärte Pientka. Patrick Alberti weiß aus eigener Erfahrung, wie wichtig Beratungsangebote sind: „Als ich merkte, dass ich mich nicht als Mann fühle, war ich froh über die Beratung von PLUS, mit deren Hilfe ich meine nicht-binäre Identität entdeckt habe.“

Gewalt gegen queere Menschen als gesamtgesellschaftliches Problem

Weil die Lebensrealität queerer Menschen so vielfältig ist, ist das Angebot von PLUS genauso vielfältig: Längst habe sich die Einrichtung von der Beratung zu sexueller Orientierung auch auf geschlechtliche Vielfalt erweitert. Auch Personen, die ein anderes Geschlecht haben als dasjenige, das ihnen bei der Geburt zugeschrieben wurde, bekommen hier Beratung und Unterstützung. Ebenso gibt es Jugendgruppen, um auf die Bedürfnisse junger Menschen besser eingehen zu können. Des Weiteren können sich queere Menschen bei PLUS in moderierten Gruppen auf ihr Coming-out vorbereiten. Und auch Regenbogenfamilien und Angehörige werden bei PLUS beraten, oft auch mit Verweis auf andere Stellen, wie die Initiative lesbischer und schwuler Eltern (ILSE). Wichtig ist auch das Beratungsangebot für queere geflüchtete Menschen, die eine ganz besonders vulnerable Zielgruppe ausmachen.

Neben den vielfältigen Angeboten, arbeitet PLUS auch mit anderen Akteurinnen und Akteuren daran, die Situation queerer Menschen auf verschiedenen Ebenen zu verbessern. Das gelte nun auch für den Rhein-Neckar-Kreis, wo neben der Beratung auch verschiedene Kooperationen für die Sichtbarkeit queerer Menschen sorgen, beispielsweise bei der Aktionswoche „Schriesheim ist bunt“.

Wie wichtig dieses Engagement ist, weiß Patrick Alberti als Mitglied des Dorfpride-Teams genau: „Mit der Dorfpride wollen wir Sichtbarkeit herstellen, auf Diskriminierung hinweisen und zeigen, dass queere Menschen selbstverständlich dazugehören. Darum ist es wichtig, dass wir hier alle zusammenhalten.“ Daniel Pientka bestätigte das. „Der Ton gegenüber queeren Menschen wird rauer“, und es handle sich um ein gesamtgesellschaftliches Problem, das sich in der Ablehnung von queeren Menschen, in der Ablehnung von gendergerechter Sprache und immer häufiger auch in Hass und Gewalt äußere. PLUS hat es sich zur Aufgabe gemacht, der gesellschaftlichen Stimmung unaufgeregt und faktenbasiert zu begegnen. „Fachlichkeit, Aufklärung und Transparenz sind die Leitprinzipien unseres Handelns“, so Pientka. Auf die Frage Baumanns, was er sich von der Politik wünsche, antwortete er: „Dass die Politik nicht stehenbleibt und uns ein Zusammenleben in Vielfalt ermöglicht und damit für die Gegenwart und Zukunft rüstet, statt sich an rückschrittigen Erzählungen zu orientieren. Und dass sie junge Menschen und queere Menschen ernst nimmt und in der politischen Arbeit berücksichtigt.“

Interessierte Personen finden unter www.plus-rheinneckar.de alle Informationen über das Angebot von PLUS. Unter der Telefonnummer 0621 33 621 10 oder per E-Mail an beratung@plus-rheinneckar.de können Beratungstermine vereinbart werden.