Dr. Andre Baumann hat die Frauenberatungsstelle für häusliche und sexualisierte Gewalt des DRK in Hockenheim besucht
„Gewalt gegen Frauen geht gar nicht. Und doch gibt es sie, auch massive körperliche und psychische Gewalt. Es ist wichtig, dass Frauen gut und sicher geholfen wird, wenn sie Gewalt erfahren und bedroht werden.“ Das sagte Dr. Andre Baumann, Landtagsabgeordneter der Grünen, zu Beginn des Besuchs der im Oktober 2022 gegründeten Frauenberatungsstelle für häusliche und sexualisierte Gewalt des DRK in Hockenheim im Rahmen seiner Sommertour. Die Beratungsstelle ist für die Gemeinden im Landtagswahlkreis Schwetzingen zuständig. Bei der Gesprächsrunde mit Baumann waren Elena Lorente, Koordinatorin für Frauen und Familie des Deutschen Roten Kreuz (DRK) Kreisverband Mannheim und Leiterin der DRK-Frauenberatungsstelle, Beraterin Selina Schaupp und Alexander Heß, stellvertretender Geschäftsführer des DRK-Kreisverbands Mannheim, dabei. „Schutz von Frauen ist für mich ein bewegendes und sehr wichtiges Thema“, sagte Baumann. „Obwohl die hohen Zahlen von Fällen häuslicher und sexualisierter Gewalt gegen Frauen ja bekannt sind, ist das Thema in der öffentlichen Diskussion und im politischen Diskurs noch nicht präsent genug.“ Darum wollte er mehr über die Situation in der Region erfahren.
„Zurzeit haben wir für Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, und deren Kinder nur sieben Plätze in Schutzwohnungen“, berichtete Elena Lorente. Es sei gut, dass mehr Plätze geschaffen wurden, aber leider reichten sie im Kreis noch nicht aus. „Wir versuchen dann auch, in Frauenhäuser oder andere Schutzwohnungen außerhalb unseres Zuständigkeitsbereichs zu vermitteln.“ Doch es gebe generell viel zu wenige Plätze. „Wir bräuchten mindestens doppelt so viele Schutzwohnungen für Frauen, um den Bedarf zu decken“, so Lorente. Etwas Erleichterung werde es geben, wenn das geplante neue Frauenhaus im Kreisgebiet bezugsfertig sei. Zurzeit warte man allerdings noch auf die Baugenehmigung.
Auch psychische Gewalt ist Gewalt
Nach Angaben des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) waren 240.547 Menschen im Jahr 2022 in Deutschland Opfer von häuslicher Gewalt, 8,5 Prozent mehr als im Jahr 2021. Da viele Fälle nicht angezeigt würden, könnte die Dunkelziffer wesentlich höher sein. Betroffen seien vor allem Frauen. Laut BMFSFJ ist jede dritte Frau im Laufe ihres Lebens von Gewalt betroffen – meistens in einer Beziehung oder im familiären Kontext. „Häusliche und sexualisierte Gewalt kommen in allen Gesellschaftsschichten und Kulturkreisen vor“, sagte Lorente. „Es ist wichtig, auch bereits subtile Formen von Gewalt zu erkennen.“ Ständiges Nörgeln, Abwertungen des Partners und Kritik seien psychische Gewalt. Und die könne auch in physische Gewalt münden. „Digitale Gewalt spielt ebenfalls eine große Rolle, sei es beim Onlinedating oder in den sozialen Netzwerken“, ergänzte Selina Schaupp. Man dürfe nicht vergessen, dass Gewalt gegen Frauen auch ein strukturelles Problem sei, so Lorente: „Unsere Gesellschaft ist noch sehr patriarchalisch geprägt, und es gibt viel Antifeminismus. Da heißt es schnell mal ,Männer sind halt so‘. Das darf nicht sein. Deswegen betreiben wir auch viel Präventions- und Aufklärungsarbeit.“
In den ersten acht Monaten des Jahres 2023 gab es laut Lorente in der Frauenberatungsstelle in Hockenheim 16 Beratungsfälle, sechs in der im Mai 2023 eröffneten Beratungsstelle in Schwetzingen. Dazu kommen für Hockenheim zehn Kontakte mit Akteuren des notwendigen Netzwerkes, beispielsweise mit dem Frauennotruf Heidelberg, der Gleichstellungsbeauftragten des Kreises, Krankenhaus, Jugendamt, Caritas oder Diakoniewerk. 55 Fälle waren es insgesamt, inklusive der dritten Beratungsstelle in Weinheim. „Wir konnten wirklich helfen“, freute sich Lorente. „Und ich hoffe, dass unsere Beratungsangebote noch bekannter werden.“
Baumann bedankte sich für die gute und wichtige Arbeit der Beratungsstelle, die im Auftrag des Rhein-Neckar-Kreises tätig ist. Er sicherte zu, sich weiterhin dafür einzusetzen, dass Frauen bei Gewalt besser geholfen wird.
Eine Auswahl nützlicher Kontakte:
Frauenberatungsstelle des DRK-Kreisverbands Mannheim in Hockenheim, Telefon: 0621 3218177, E-Mail: frauenberatungsstelle@drk-mannheim.de, weitere Infos unter www.drk-mannheim.de/angebote/frauen-und-familie/frauenberatungsstelle
Die Gewaltambulanz des Instituts für Rechts- und Verkehrsmedizin Heidelberg bietet für Betroffene kostenlos eine sofortige Behandlung sowie Dokumentation von Verletzungen und Spurensicherung nach erlebter Gewalt. Eine telefonische Vorabsprache ist in jedem Fall erforderlich unter Telefon: 0152 54648393.
Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ ist ein bundesweites Beratungsangebot für Frauen, die Gewalt erlebt haben oder noch erleben: Telefon:116 016, Online-Beratung und weitere Infos unter www.hilfetelefon.de.