Dr. Andre Baumann resümiert die diesjährige Sommertour in seinem Wahlkreis
Herr Dr. Baumann, in diesem Jahr haben Sie während Ihrer Sommertour vorrangig soziale Einrichtungen in ihrem Wahlkreis besucht, im vergangenen Jahr waren es Handwerksbetriebe. Wie kommen Sie zu dieser Auswahl?
So wie Handwerksbetriebe unsere Gesellschaft aufbauen und den Laden am Laufen halten, so tun dies soziale Einrichtungen, wenn es um Menschen geht. Und das interessiert mich, da möchte ich hinschauen, ob alles noch so funktioniert, wie es sein sollte, und ob ich helfen kann, wenn es nicht so ist. Die Menschen in unserem Land zu unterstützen und zu fördern in ihrer psychischen und körperlichen Gesundheit, ihnen das Leben so lebenswert wie möglich zu gestalten, ist eine wesentliche Aufgabe auch unserer politischen Arbeit. Und ich bin sehr froh, dass die vielen sozialen Einrichtungen im Land, in meinem Wahlkreis, seien sie in der Trägerschaft der Kommunen oder des Landes, so gute Arbeit und direkt vor Ort ihren wichtigen Beitrag leisten.
Wie haben Sie die Stationen Ihrer Sommertour erlebt?
Ob im Pflegebereich, im Krankenhaus, der Flüchtlingsunterkunft, der Polizei, den Beratungsstellen für Frauen und für queere Menschen oder im Tafelladen: Ich habe überall sehr engagierte Mitarbeitende getroffen, die mit Expertise und Herzblut am Werk sind. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle noch mal sehr herzlich bedanken! Doch diese Mitarbeitenden kämpfen auch jeden Tag mit vielen Widrigkeiten: Es fehlt fast überall an Geld, an Personal, und die Bürokratie ist in der Regel zu umfangreich, zu kompliziert und bindet Kapazitäten, die dann dort fehlen, wo sie dringend notwendig wären: bei der eigentlichen Arbeit mit den Menschen!
Welches Fazit ziehen Sie aus Ihren Erlebnissen?
Wir leben in Zeiten großer Umbrüche: der Klimakrise und einer tiefgreifenden wirtschaftlichen Transformation, einem demographischen Wandel sowie geopolitischen Umwälzungen wie dem Ukrainekrieg, der uns eine Energiekrise und Inflation gebracht hat. Durch die Gespräche während meiner Sommertour hat sich ein roter Faden gezogen: Sicherheit in diesem Wandel und gesellschaftlicher Zusammenhalt sind jetzt wichtiger denn je.
Sozialen Einrichtungen kommt eine sehr wichtige eine Aufgabe dabei zu: Menschen zu helfen und sie nicht im Stich zu lassen.
Fürsorge und Hilfe für die Menschen in unserer Gesellschaft gehen uns alle an. Deshalb sollten wir zusammenhalten, und jeder sollte auf seine Weise einen Teil der Verantwortung tragen.
Wie könnte jeder Einzelne Zusammenhalt stärken?
Ich glaube, in Zeiten von Krisen und Umbrüchen gilt es, zusammenzuhalten und nicht zu polarisieren, nicht in die Extreme nach links oder rechts abzudriften und einander zuzuhören. Ich glaube, da ist in der Corona-Krise manches verloren gegangen.
Soziale Berufe sind toll, und wir sollten für diese werben und die Berufe attraktiv gestalten. Es wäre zudem gut, wenn mehr Menschen ehrenamtlich aktiv würden. Auch das ehrenamtliche Engagement im sozialen Bereich ist während der Corona-Pandemie zurückgegangen.
Und ich glaube, dass es sinnvoll wäre, wenn ein Pflichtjahr für junge Menschen eingeführt würde. Auch das stärkt den Zusammenhalt. Es war gut, dass Menschen unterschiedlicher Herkünfte, egal ob reich oder arm, früher bei der Bundeswehr oder im Zivildienst zusammengearbeitet und sich für die Gesellschaft eingesetzt haben. Das hat eine Gesellschaft zusammengekittet. Sozialer Kitt fehlt heute. Und für junge Menschen im Zivildienst war es gut, mal für ein Jahr im Altersheim, in der Pflege oder im Krankenhaus zu arbeiten. Mich hat mein Zivildienst im Naturschutz ebenfalls geprägt. Wahrscheinlich wäre ich ohne diesen heute kein Umweltstaatssekretär. Es geht darum, den Horizont zu erweitern und interessante Berufsfelder kennenzulernen. Für die Unternehmen und Einrichtungen wäre es zudem eine gute Möglichkeit, zukünftige Fachkräfte für sich zu gewinnen.
Jetzt sind Sie Landtagsabgeordneter. Was nehmen Sie mit nach Stuttgart?
Wir brauchen weitere Verbesserungen im Gesundheitswesen, starke soziale Dienste und Einrichtungen, deutlich weniger Bürokratie und mehr Zeit für den Menschen, mehr Raum für Aufklärung, besseren Schutz für Schutzbedürftige und Minderheiten in einem rauer werdenden gesellschaftlichen Klima. Und natürlich brauchen wir mehr bezahlbare Wohnungen sowie bessere Bedingungen für Arbeitskräfte aus dem In- und Ausland. Sprich: Es gibt viel zu tun, damit unsere Gesellschaft beisammen und für alle lebenswert bleibt.
Ich habe von den Stationen meiner Sommertour auch einige konkrete Wünsche an die Politik mitgenommen und werde mein Bestes tun, um Widrigkeiten für die Mitarbeitenden der sozialen Einrichtungen zu mindern.