Radexkursion im Hockenheimer Rheinbogen mit Dr. Andre Baumann, BUND Hockenheimer Rheinebene und ansässigen Bauern war trotz schlechten Wetters gut besucht
„So wichtig und notwendig mehr Naturschutzmaßnahmen im Hockenheimer Rheinbogen sind, so wichtig und notwendig ist es, diese im Schulterschluss mit den lokalen Landwirten zu entwickeln und umzusetzen, die den Rheinbogen bewirtschaften“, sagte Dr. Andre Baumann, Landtagsabgeordneter der Grünen, zu Beginn einer Radexkursion durch das rund 2500 Hektar große kombinierte Natur- und Landschaftsschutzgebiet, zu der er eingeladen hatte. Dieses Miteinander zog sich wie ein roter Faden durch die Tour: Fachbeiträge zur Exkursion kamen von Uwe Heidenreich und Thomas Kuppinger, zwei ausgewiesenen Gebietskennern des BUND Hockenheimer Rheinebene, und von den Landwirten Jochen Kief und Andreas Schmitt, deren Höfe im Schutzgebiet liegen und die dort wirtschaften.
„Der Hockenheimer Rheinbogen war von Natur aus Überschwemmungsgebiet des Rheins, aber wurde früh mit Deichen vom Rhein abgetrennt und landwirtschaftlich genutzt“, erklärte Heidenreich, der seit mehreren Jahrzehnten das Schutzgebiet betreut. Dieses Stück ehemalige Rheinaue zeichne sich durch ein Mosaik aus höher gelegenen und tiefer liegenden Flächen aus. Auf höher liegenden sei schon seit langer Zeit Ackerbau betrieben worden, tiefliegende, vermoorte Bereiche waren und sind Streuwiesen oder Bruchwald. Kief und Schmitt bestätigten, dass im Laufe der Nutzungsgeschichte nicht Wiese immer Wiese war, sondern sich dies ständig änderte. „Im Hockenheimer Rheinbogen waren Allmendflächen, die ärmeren Hockenheimer Bauernfamilien zur Nahrungsmittelproduktion bereitgestellt wurden.“ Allmende leitet sich von Allgemeinheit ab. Allmendflächen waren in der Regel schwierig zu bewirtschaftende Standorte, weil zu nass oder zu trocken, und eine frühe soziale Absicherung von Bauernfamilien. Für die Landwirte sind gerade die besser zu bewirtschaftenden Bereiche außerhalb der nassen, sumpfigen und vermoorten Standorte wichtig für die Nahrungsmittelproduktion. „Naturschutzmaßnahmen müssen die Bewirtschaftbarkeit der Böden und Ernteerträge berücksichtigen“, sagten Kief und Schmitt.
Klimaschutz durch Moorschutz
Die BUND-Vertreter und auch ein mitradelnder Jagdpächter berichteten, dass dank der Ausweisung des Natur- und Landschaftsschutzgebiets und vieler Naturschutz-Landschaftsmaßnahmen von landwirtschaftlichen Betrieben im Auftrag der Staatlichen Naturschutzverwaltung blumen- und artenreiche Lebensräume erhalten oder geschaffen worden sind. „Viele Tier- und Pflanzenarten sind aber auch in den vergangenen Jahren im Hockenheimer Rheinbogen ausgestorben“, sagte Heidenreich. Darum sei eine Stärkung des Naturschutzes und der Schutz von Mooren für den Klimaschutz von großer Bedeutung. Kuppinger ergänzte: „Die Landwirte sind und bleiben hier aber die wichtigsten Partner. Natur- und Klimaschutz müssen ihnen eine Perspektive bieten und dabei die Struktur ihrer Betriebe berücksichtigen.“
Der Schutz von Mooren für den Klimaschutz sei aus Sicht der baden-württembergischen Landesregierung von größter Bedeutung, sagte Baumann. „Der Torf in Mooren ist eine bedeutsame Kohlenstoffsenke.“ Im grün-schwarzen Koalitionsvertrag seien dazu Ziele und Maßnahmen vereinbart worden. „Gerade auf landwirtschaftlichen Flächen, die im Eigentum des Landes sind, sollte vorbildlich Naturschutz und Klimaschutz betrieben werden – natürlich mit den Pächterinnen und Pächtern.“ Die Bundesregierung habe rund vier Milliarden Euro für einen naturbasierten Klimaschutz bereitgestellt. „Ich würde mich sehr darüber freuen, wenn die Naturschutzverwaltung und die Liegenschaftsverwaltung gemeinsam mit den Landwirten ein solches Leuchtturmprojekt entwickeln würden.“
Bei früheren Stärkungen des Naturschutzes habe das Land Baden-Württemberg eigene landwirtschaftliche Flächen im Insultheimer Hof für lokale Landwirte bereitgestellt. Nach Ansicht mehrerer Exkursionsteilnehmer würde es sich anbieten, wenn dieses Erfolgsmodell wiederholt würde: Landwirte würden landwirtschaftlich geeignete Tauschflächen auf den höher gelegenen Standorten des Insultheimer Hofes erhalten, um dort landwirtschaftliche Kulturen anzubauen, auf frei werdenden tiefer liegenden Flächen könnte eine naturfördernde landwirtschaftliche Bewirtschaftung entwickelt werden. Landwirte würden dafür bezahlt, dass sie Klimaschutz durch Moorschutz betrieben. Baumann versprach, dass er sich weiterhin für ein enges und vertrauensvolles Miteinander von Naturschutz und Landwirtschaft in Baden-Württemberg einsetzt.