Das Netzausbauprojekt ULTRANET bringt erneuerbare Energien aus dem Norden zu uns in den Süden – Informationen dazu gab es bei einer Radtour mit Dr. Andre Baumann MdL
Der Klimawandel ist am Oftersheimer Feldherrenhügel, der höchsten Düne Süddeutschlands, deutlich zu spüren. „Viele Kiefern sind hier abgestorben“, berichtete Dr. Andre Baumann, der Landtagsabgeordnete der Grünen, an der Oftersheimer Grillhütte. Knapp 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren der Einladung Baumanns gefolgt, an einer Radtour zur Energiewende im Wahlkreis teilzunehmen. Florian Reuter vom Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW war ebenfalls mit dabei, um aus erster Hand vom Netzausbauprojekt ULTRANET zu berichten. Baumann wollte zeigen, dass die Energiewende im Wahlkreis Schwetzingen ankommt.
Die neue Gleichstromtrasse, die gerade auch auf Oftersheimer Gemarkung entsteht, ist Teil der Energiewende. Sie wird Strom mit einer Leistung von rund zwei Gigawatt transportieren, was annähernd der Leistung beider Blöcke des abgeschalteten AKW Philippsburg entspricht. Auf dem ehemaligen Standort der AKW-Kühltürme befindet sich der Konverter, der den Gleichstrom in Wechselstrom umwandelt. „Ich freue mich, dass der Ausbau des Übertragungsnetzes so geräuschlos vorangeht“, so Baumann, der sich gewünscht hätte, dass die neuen Leitungen schon pünktlich zum Atomausstieg dagewesen wären.
„Es ist auch Bundesminister Robert Habeck zu verdanken, dass wir im Ausbau der erneuerbaren Energien schneller geworden sind“, sagte Baumann. Insgesamt sollen etwa 70 Gigawatt Leistung durch Windkraft auf See an den Küsten im Norden Deutschlands bereitgestellt werden. „Diese kommen auch in Süddeutschland und im Wahlkreis Schwetzingen an“, so Baumann weiter. Und auch in Baden-Württemberg sei nun mehr Tempo drin beim Ausbau erneuerbarer Energien, berichtete Baumann. „Wir haben es geschafft, die Genehmigungsdauer von Windrädern von sieben auf zwei Jahre zu reduzieren“, erklärte er.
Florian Reuter berichtete detailliert, wie der Windstrom aus dem Norden in unsere Region kommt. 42 Kilometer lang ist die Strecke in Baden-Württemberg, dem Gebiet, in dem TransnetBW für das Übertragungsnetz zuständig sei. „Alles, was im Netz passiert, landet am Ende auf unserer Wand in der Hauptschaltleitung in Wendlingen“, wo auf 65 Quadratmetern Videowand alle Ereignisse im Stromnetz dargestellt werden und rund um die Uhr über die Stromversorgung Baden-Württembergs gewacht wird. „Das ULTRANET-Projekt ist sozusagen eine Operation am offenen Herzen“, so Reuter, denn die bisherige Stromübertragung und -verteilung läuft ohne Einschränkungen weiter. Für einen großen Teil der Distanz werden die neuen Leitungen einfach an bestehende Masten gehängt. Ansonsten findet ein Ersatzneubau an gleicher Stelle so wie im Wahlkreis Schwetzingen zwischen Plankstadt und Oftersheim und nur auf vier Kilometern ist ein kompletter Neubau vorgesehen.
Erneuerbare Energien sind nicht nur nachhaltiger, sondern auch günstiger als Atomkraft
Reuter und Baumann stellten dar, dass neben den zwei in Süddeutschland im Bau befindlichen Stromautobahnen ULTRANET und Südlink weitere Stromautobahnen geplant sind. Beide plädieren bei drei dieser neuen Vorhaben für Freileitungen, also keine Erdverkabelung. „Das würde rund 20 Milliarden Euro sparen. Aber die Gesetzeslage schreibt derzeit Erdverkabelung vor“, so Reuter. „Das Land Baden-Württemberg hat sich für Freileitungen ausgesprochen, weil diese deutlich günstiger sind und schneller gebaut werden können. Aber leider sind uns bislang nicht genügend andere Länder gefolgt“, berichtete Baumann. So bleibe die ULTRANET-Trasse fürs erste die einzige, die als Freileitung ausgebaut werde. Apropos Geld: Der Aufteilung Deutschlands in Strompreiszonen erteilte Baumann eine deutliche Absage, denn es müsse faire Wettbewerbsbedingungen für Gewerbe und Industrie geben, aber auch Fairness gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern. „Im Idealfall kann man sich den Strommarkt in Deutschland wie einen großen See oder eine Kupferplatte vorstellen“, erklärte Florian Reuter. Strom könnte dann überall ohne Einschränkungen eingespeist und entnommen werden. In der Realität gebe es aber Transportengpässe, die immer wieder durch Eingriffe in das Stromnetz korrigiert werden müssten. „Mit ULTRANET und unseren anderen Ausbauprojekten sorgen wir für weniger Regelungsbedarf im Netz“, so Reuter.
„Die Stromversorgung der Zukunft ist digital, aber sie ist auch dezentral und kommt aus verschiedenen Quellen“, sagte Andre Baumann. So führte die Radexkursion auch zur ehemaligen Mülldeponie Feilheck, an der Gemarkungsgrenze zu Heidelberg. Dort haben die Heidelberger Stadtwerke schon vor zehn Jahren eine Photovoltaik-Anlage mit der Leistung von rund einem Megawatt errichtet, die Strom für rund 500 Haushalte liefert.
„Die Energiewende hat viele Baustellen“, erklärte Baumann. Nicht nur der Ausstieg aus der Kernkraft, sondern auch der geplante Kohleausstieg zwinge uns zum Handeln. „Der Ausbau von Photovoltaik schreitet schnell voran. Auf immer mehr Dächern werden PV-Anlagen installiert, und es entstehen immer mehr Freiflächenanlagen. Auch am Ausbau der Windkraft arbeiten wir. Wir haben es geschafft, die Genehmigungsdauer für Windräder in Baden-Württemberg deutlich zu reduzieren“, so Baumann.
Dass der Ausbau der erneuerbaren Energien voranschreitet, hat die Radtour auf jeden Fall gezeigt. Und auch, dass es bei der Umsetzung der Energiewende nicht nur auf die Entscheidungen im Bund oder im Land ankommt, sondern auf jeden Beitrag vor Ort. „Ich bin stolz darauf, was unsere Bürgerinnen und Bürger, unsere Städte und Gemeinden und unsere Netzbetreiber gemeinsam bereits geschafft haben. Mit vereinten Kräften gestalten wir damit eine klimaneutrale Zukunft“, sagte Baumann.