Dr. Andre Baumann MdL besucht Neulußheimer Imkermeister Jürgen Ullrich
Wenn Imkermeister Jürgen Ullrich nach seinen „Mitarbeiterinnen“ sehen möchte, muss er sich anmelden. „Stellen Sie sich vor, Sie reißen bei Ihren Nachbarn einfach so die Haustür auf, da wären die auch nicht sehr begeistert“, sagt Ullrich und schmunzelt. An diesem Tag darf auch Dr. Andre Baumann bei den Bienen „klingeln“, denn der Landtagsabgeordnete der Grünen besucht den Neulußheimer Imker und einige seiner Bienenvölker an einem seiner Winterstandorte im Hockenheimer Rheinbogen. Dafür wird ein bisschen Rauch mit einem Blasebalg nach der Abnahme des Deckels auf den Bienenstock geblasen. Das beruhigt die Bienen, und Baumann kann Ullrich bei seiner heutigen Aufgabe unterstützen: „Ich sehe nach, ob in allen Stöcken noch Bienenköniginnen vorhanden sind“, erklärt Ullrich. „Das ist wichtig, damit die Völker gut über den Winter kommen.“
Die Bienensaison und die Honigernte sind für dieses Jahr vorbei. Die maximale Populationsgröße des Bienenvolks beträgt um die Sommersonnenwende etwa 40.000 bis 50.000 Arbeiterinnen pro Volk und Bienenstock. Danach nimmt die Zahl der Tiere ab, da im Winter, wenn genug Honigvorräte gesammelt wurden, weniger Arbeiterinnen gebraucht werden. Mehr als 20 Bienenstöcke stehen an diesem Standort. „Das heißt, wir bekommen hier Rückmeldung von mehreren Hunderttausend fliegenden Biomessstationen“, freut sich der promovierte Biologe Baumann, „denn genau das sind Honigbienen. Veränderungen in der Umwelt bekommt man hier hautnah mit.“ Bereits vor drei Jahren habe er Ullrich besucht. Seitdem sei unter anderem der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in Naturschutzgebieten verboten worden, kann Baumann, der auch Staatssekretär im Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg ist, berichten. Im Jahr 2008 hat Baumann als damaliger Nabu-Landesvorsitzender mit dafür gesorgt, dass eine Reihe von Neonikotinoiden – Pflanzenschutzmittel, die extrem schädlich für Bienen und andere Insekten sind – in Deutschland verboten wurden. Er hatte nach dem Bienensterben in Mittelbaden erfolgreich eine Petition an den Bundestag gerichtet. Neonikotinoide haben eine bis zu 10.000-fache Toxizität des seit Jahrzehnten verbotenen DDT.
Heimische Imker stärken und dort Qualitätshonig kaufen
Der an diesem Tag besuchte Winterstandort Ullrichs grenzt auf der einen Seite an das Naturschutzgebiet, an der anderen Seite befinden sich Ackerflächen, was sinnbildlich sei: Honigbienen seien für das Bestäuben von Nutz- und Wildpflanzen gleichermaßen wichtig, so Baumann. Die Produktionskraft der Honigbiene für die deutsche Volkswirtschaft sei höher als die der Deutschen Bank. „Meine Bienen sammeln Honig in der Kurpfalz sowie im benachbarten Odenwald, Pfälzerwald und Schwarzwald“, erzählt Ullrich. Einige Kästen blieben während der Saison an den Winterstandorten, um die Bestäubung dort zu gewährleisten. „Aber die meisten Stöcke platziere ich während der Saison an verschiedenen Standorten, wo die Bienen eine Massentracht vorfinden.“ Als Tracht bezeichnen Imker das gesamte Angebot an Pollen, Nektar und Honigtau. „Denn wir Imker wollen ja nachhaltig arbeiten und der Natur nicht schaden.“ Ebenso entnehme er bei der Honigernte seinen Bienenvölkern nur den Überschuss des von ihnen produzierten Honigs, den sie nicht als Wintervorrat brauchen.
„Ich freue mich sehr, dass wir mit Jürgen Ullrich einen Berufsimker in meinem Wahlkreis haben, den einzigen in der Region“, sagt Baumann. Ullrich ist Imker in dritter Generation und bietet ausschließlich Honig aus eigener Imkerei an. Um dessen Qualität und Naturbelassenheit zu gewährleisten, verzichte er beispielsweise während der gesamten Arbeitsschritte auf Kunststoffmaterialien. Die größte Herausforderung für die nächsten Jahrzehnte sei der Klimawandel. „Ich würde mir für meine Bienen vier ganz normale Jahreszeiten wünschen.“ Beide, Ullrich und Baumann, wünschen sich außerdem, dass möglichst viele Menschen Honig von regionalen Imkern kaufen. „Zwei Drittel des Honigs, der in Deutschland verzehrt wird, stammt aus dem Ausland, oft aus China“, erzählt Ullrich. Baumann ergänzt: „Und laut einer EU-Studie von 2023 ist jedes zweite Glas Honig in der EU gepanscht, etwa mit Zuckersirup. Deshalb müssen wir heimische Imker stärken und dort Qualitätshonig kaufen. Honig aus unserer Region ist natürlich, lecker und seinen Preis wert.“