„Wir brauchen eine Waldbewirtschaftung, die ganz zum Naturschutzgebiet Ketscher Rheininsel passt“, erklärt Dr. Andre Baumann, Landtagsabgeordneter der Grünen und Naturschutzexperte. Baumann erneuert seine Forderung, die Ketscher Rheininsel als Waldschutzgebiet mit Bann- und Schonwaldbereichen auszuweisen. „In Schonwäldern ist eine Waldwirtschaft ausdrücklich erlaubt. Aber der Waldnaturschutz hat Vorrang vor der Waldwirtschaft. In Bannwäldern ruht dagegen die Säge. Ein Waldschutzgebiet würde den wirtschaftlichen Druck von der Ketscher Rheininsel nehmen und die Erfolge im Waldnaturschutz verstärken.“
„Das Naturschutzgebiet Ketscher Rheininsel gehört zu den naturschutzfachlich wertvollsten Auengebieten des badischen Oberrheingrabens“, sagt der promovierte Biologe. „Insofern haben ForstBW und die Naturschutzverwaltung in den vergangenen Jahren sehr vieles richtig gemacht. Dieses soll und darf nicht schlecht geredet werden.“ Baumann lobt beispielsweise die Förderung des Vorkommens der Wilden Weinrebe auf der Ketscher Rheininsel, der Urform der kultivierten Weinrebe. Die Wilde Weinrebe ist vom Aussterben bedroht und hat ihren größten Bestand in Baden-Württemberg auf der Ketscher Rheininsel. ForstBW habe in den vergangenen Jahren jede einzelne alte Weinrebe kartiert und schützt diese. Darüber würde auch für Nachwuchs bei der Wildrebe gesorgt.
Baumann lobt auch, dass der Eichenbestand verjüngt wird. „Stieleichen prägen Hartholzauenwälder. Knorrige Eichen erfreuen unser Herz und sind Lebensraum für den Hirschkäfer und den Heldbock, eine der größten Käferarten Europas. Wir brauchen alte, knorrige Eichenbäume. Aber wir brauchen auch mittelalte und junge Eichen, die alt werden können.“ Nach Ansicht des Abgeordneten sei es darum notwendig, für Eichennachwuchs zu sorgen. „Dass dazu Licht in die Wälder gebracht werden muss und anfallendes Holz genutzt werden soll, ist doch waldbaulicher Konsens. Bannwälder wären hier Gift und das falsche Schutzinstrument.“ Baumann wiederholt seine Kritik: „Es geht nicht um das Ob, sondern um das Wie. Es geht also nicht darum, ob für die Eichenverjüngung Lücken in den Wald geschlagen werden, sondern wie groß diese Lücken sind. Wir brauchen Maß und Mitte.“ Aus Sicht Baumanns habe ForstBW in vielen Waldbereichen auf der Ketscher Rheininsel und anderen naturschutzfachlichen Waldflächen erfolgreich gezeigt, dass Eichen in kleineren Löchern verjüngt werden können. „Die Ketscher Rheininsel sollte nicht wie ein beliebiger Wirtschaftswald bewirtschaftet werden. Forstwirtschaft ist im Naturschutzgebiet okay, aber sollte noch mehr Rücksicht auf die Natur nehmen. Darum wäre hier ein Schonwald eine geeignete Schutzgebietskategorie.“
Manche Wälder der so genannten Weichholzaue könnten dagegen als Bannwälder ausgewiesen werden. Im Gegensatz zur Hartholzaue wird eine Weichholzaue deutlich länger bei Hochwasserereignissen überschwemmt. Typische Baumarten der Weichholzauen sind verschiedene Pappel- und Weidenarten, die überflutungstoleranter sind als die Eichen, Ulmen oder Eschen der Hartholzaue. „Schon heute werden die Standorte der Weichholzaue auf der Ketscher Rheininsel bannwaldartig bewirtschaftet. Insofern würde dieser Schutzgebietstyp hier passen.“
Baumann unterstreicht seine Kritik, dass in den Eschenwäldern auf großer Fläche fast alle alten Bäume geerntet wurden. „Dass hier Eschen geerntet werden, bevor sie dem Eschentriebsterben zum Opfer fallen oder vermarktet werden, ist gut und richtig. Eine nachhaltige Holznutzung ist ökologisch hoch sinnvoll. Ein paar alte Bäume hätten aber durchaus stehen bleiben sollen. Vielfalt ist etwas sehr Wichtiges im Waldnaturschutz.“ Dass ForstBW seit Jahren das Alt- und Totholzkonzept im gesamten Staatswald umsetze, sei nach Ansicht Baumanns gut und richtig. „Aber die Ketscher Rheininsel ist nicht ein beliebiger Wirtschaftswald. Sie ist ein Naturschutzgebiet und gehört zum Europäischen Naturerbe Natura 2000. Das sollte sich auch in der Waldbewirtschaftung zeigen.“
Der Abgeordnete verweist auf bereits vorhandene Waldschutzgebiete im Staatswald in der Umgebung von Ketsch, die sich bewährt hätten. „Die Dünenwälder der Schwetzinger Hardt zwischen Hockenheim, Sandhausen und Schwetzingen stellen eines der größten Waldschutzgebiete dar, die in den vergangenen Jahren in Baden-Württemberg ausgewiesen worden sind. Hier macht ForstBW eine ausgezeichnete Arbeit!“ Die Eichen-Hainbuchen-Wälder des Ketscher Wald zwischen Ketsch und Schwetzingen seien vor ein paar Jahren vorbildlich als Schonwald ausgewiesen worden, auch um den Alt- und Totholzreichtum im Wald zu fördern. „Wenn dieser von der Autobahn A6, der ICE-Schnellbahntrasse und der L599 zerschnittene Wald ein Schonwald sein kann, dann sollte auch unsere wunderbare Ketscher Rheininsel ein Waldschutzgebiet sein können.“