Politiker von FDP und Grüne aus Kommune, Land und Bund besuchen Hubäckerschule und Pestalozzi-Schule
„Bildung geht uns alle etwas an, denn sie legt schon in jungen Jahren den Grundstein für die persönliche Entwicklung von Kindern – und damit für die Zukunft unserer gesamten Gesellschaft. Daher ist das Startchancen-Programm (SCP) ein gemeinsamer Erfolg der ehemaligen Ampelkoalition im Bund“, sind sich der Landtagsabgeordnete der Grünen Dr. Andre Baumann und der ehemalige FDP-Bundestagsabgeordnete Dr. Jens Brandenburg einig. Die beiden Politiker waren gemeinsam mit den Hockenheimer Stadträten Frank Köcher-Hohn und Philipp Kramberg (beide FDP), Adolf Härdle und Christian Keller (beide Grüne) sowie Elena Heidenreich (Grüne) und Dr. Julia Klein (FDP) zu Besuch bei zwei Hockenheimer Grundschulen, die für das Förderprogramm des Bundes in Kooperation mit den Ländern ausgewählt wurden.
In Baden-Württemberg werden über den Förderzeitraum von zehn Jahren insgesamt 2,6 Milliarden Euro in Schulen investiert, pro Schuljahr circa 134 Millionen Euro. Nach einem Sozialindex werden gezielt die Schulen mit einem hohen Anteil sozial benachteiligter Kinder und Jugendlicher gefördert, mit einem Schwerpunkt auf Grundschulen. Die Gelder gehen damit dorthin, wo sie dringend benötigt werden und die Herausforderungen groß sind. Im Fokus steht die Förderung der Grundkompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen sowie die Persönlichkeitsentwicklung der Schülerinnen und Schüler.
„Die Chancen junger Menschen im Bildungssystem dürfen keine Frage der sozialen Herkunft sein. Mit bundesweit 20 Milliarden Euro über zehn Jahre ist es das größte und nachhaltigste Bildungsprogramm, das Bund und Länder in Deutschland jemals aufgesetzt haben. Ein echtes Leuchtturmprojekt. Nach den verheerenden Bildungsstudien der letzten Jahre ist das dringend nötig!“, betont Brandenburg. Der ehemalige Parlamentarische Staatssekretär des Bundesministeriums für Bildung und Forschung hat die Entwicklung des Startchancen-Programms von Beginn an vorangetrieben. „Daher interessiert es mich natürlich sehr, welche Ideen die ausgewählten Schulen haben und wie sie das Programm hier in der Region umsetzen“, so der Walldorfer.
Baumann ergänzt: „Was dieses Förderprogramm neben dem außergewöhnlich langen Förderzeitraum so besonders macht ist, dass es dazu gedacht ist, Schülerinnen und Schülern wie bei einer Startrampe einen Schub für den anstehenden Bildungsabschnitt, hier in Hockenheim den Beginn der schulischen Laufbahn, mitzugeben. Besonders denjenigen Kindern, die von zu Hause und vom Umfeld nicht ausreichend unterstützt werden können und einen besonderen Lernbedarf haben. Durch gezielte Förderung sollen Talente entdeckt, Potenziale entfaltet und Bildungserfolg für alle möglich gemacht werden. Die vorgesehenen zehn Jahre bieten hierfür Planungssicherheit.“

Die Schulleitung der Hubäckerschule Hockenheim, Jörg Himmelsbach und Tanja Herzer, freut sich sehr, dass Gelder bereitgestellt werden. „Wir haben bisher noch keinen ausgefertigten Plan, was wir mit den Fördermitteln machen wollen, wir arbeiten aber daran. Und wir haben schon Ideen, wo der Schuh drückt und wo wir uns Veränderungen wünschen. Wir werden zunächst eine Bedarfsanalyse erstellen“, berichtet Rektor Himmelsbach. Eines der größten Probleme seien die Räumlichkeiten der 50 Jahre alten Schule. Mit Blick auf die geplante Einführung der Ganztagsbetreuung in zwei Jahren sehe sich die Schule mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert, die dafür notwendigen Vorgaben erfüllen zu können. „Aktuell sind wir weit weg von modernem Unterricht. Die Klassenzimmer sind voll belegt. Wir haben wenig Chancen, räumliche Veränderungen wie beispielsweise Differenzierungsräume zu schaffen, um den Unterricht öffnen zu können“, ergänzte Konrektorin Herzer. Auch Carmen Kocer und Ines Murgai von der Pestalozzi-Schule stehen vor ähnlichen Problemen. „Unsere Schule ist denkmalgeschützt. Daher haben wir wenig Möglichkeiten, Baumaßnahmen umzusetzen. Unsere Klassenzimmer sind aber zu klein für die Menge an Schülerinnen und Schüler“, erzählt Kocer. In dem Startchancen-Programm sei geplant, kleinere Gruppen zu unterrichten. Doch dafür fehle zurzeit Platz in der Pestalozzi-Schule. Frank Köcher-Hohn, FDP-Stadtrat, berichtet, dass das Thema der baulichen Anpassung der Pestalozzi-Schule an neue pädagogische Konzepte und Erfordernisse auch immer wieder Thema im Gemeinderat sei. „Eine Lösung haben wir hier leider noch nicht gefunden, wir sind aber weiter dran“, so Köcher-Hohn. Adolf Härdle, Stadtrat der Grünen, ergänzt: „Wir benötigen ein geregeltes Verfahren. Nur gemeinsam mit der Schule, der Verwaltung und dem Gemeinderat kann eine gute Lösung gefunden werden.“ Beide Schulleitungsteams planen, sich gemeinsam mit der Stadtverwaltung zusammensetzen und das weitere Vorgehen zu besprechen, sobald ausgearbeitete Ideen bzw. Konzepte für die Umsetzung des Förderprogramms vorliegen. Jens Brandenburg gibt zu bedenken, dass reguläre bauliche Sanierungen nach wie vor Aufgabe der Schulträger seien. Die erste Säule des Startchancen-Programms unterstützt die Kommunen dort, wo sie gezielt in modernere Lernumgebungen, wie beispielsweise Leseecken, Kreativräume oder Ähnliches investieren.

Die zweite wichtige Säule des Startchancen-Programms soll die Schul- und Unterrichtsentwicklung sein. Basiskompetenzen der Schülerinnen und Schüler sollen gestärkt, sozial-emotionale Kompetenz, berufliche Orientierung sowie demokratische Teilhabe gefördert werden. Himmelsbach und Herzer berichten, dass dies beispielsweise durch Kooperationen zwischen Schulen, Gemeinden und anderen Partnern, aber auch Schulsozialarbeit geschieht. Durch eine altersgerechte und verbindliche Planung sollen die verschiedenen Klassenstufen durch Projekt- oder Präventionsarbeiten unterschiedlich gefördert werden. Besonders wichtig ist dabei die frühzeitige Einbindung der Eltern und die Nutzung bewährter Formate wie das Schuldatenblatt oder Statusgespräche, um individuelle Förderpläne zu entwickeln. „Wichtig ist, dass die Arbeit an Kindern und mit Menschen langfristig sein muss. Das Startchancen-Programm ist eine gute Möglichkeit, langfristig allen Schülerinnen und Schülern durch zielgerichtete Unterstützung zu helfen“, sagt Baumann. Beide Schulen wünschen sich, dass die Schulsozialarbeit erhöht wird, da der Bedarf in diesem Bereich immer mehr zunimmt. Aktuell teilen sich die beiden Schulen eine Schulsozialarbeiterin. „Wir werden uns als Gemeinderäte dafür einsetzen, dass die bisherigen Budgets der Gemeinde als Schulträger zur Schulsozialarbeit nicht gekürzt, sondern insbesondere mit Hilfe der Gelder aus der zweiten Säule aufgestockt werden“, ergänzt Philipp Kramberg, FDP-Stadtrat.
„Wünschenswert wäre auch die Aufstockung von personellen Ressourcen im Bereich der multiprofessionellen Teams“, berichtet Murgai, Konrektorin der Pestalozzi-Schule. Damit spricht sie die dritte Säule des Startchancen-Programms an, das Personal. Beiden Schulleitungsteams ist eine Unterstützung der Lehrerinnen und Lehrer, beispielsweise durch pädagogische Assistenzen oder auch Projektmanagement, gerade auch für Kinder mit sprachlichen Barrieren wichtig. Immer mehr Kinder haben einen Förderanspruch. Der Grünen-Stadtrat Christian Keller sieht in dem zusätzlichen Personal große Vorteile: „Ich schätze, dass es sich auch auf die Klassengemeinschaft positiv auswirken wird, wenn kleinere Gruppen zielgerichtet gefördert werden können. Das geht aber natürlich nur, wenn nicht nur eine Lehrkraft für eine Klasse zuständig ist.“
Für Kocer und Murgai sind noch einige Fragen offen: „Werden bisherige Unterstützungen wie „Lernen mit Rückenwind“ eingestellt? Wie werden das Programm und die ergriffenen Maßnahmen evaluiert?“ Brandenburg erklärt, dass mit dem Startchancen-Programm große Möglichkeiten, aber auch viel Arbeit vor den Schulen liege. „Aber der großartige Einsatz der Lehrkräfte und Schulleitungen lohnt sich. Die Gelder kommen planbar und ermöglichen eine ganz neue Schulentwicklung – auch zur Entlastung der Lehrkräfte“, so Brandenburg. Das Startchancen BW-Programm sei ein lernendes Projekt, das sich stetig an die Bedürfnisse der Schulen anpasst. Neben einer regulären Evaluation des Programms gebe es auch eine enge wissenschaftliche Begleitung, um zu prüfen, welche Maßnahmen besonders wirksam sind und wo nachgesteuert werden müsse. „Wir werden uns dafür einsetzen, dass das Ganze mit möglichst wenig Bürokratie verbunden und so ressourcenschonend wie möglich sein wird“, erklärt Baumann. Daher appellierten Brandenburg und Baumann an die Schulleitungen, dass auch während des Förderzeitraums an den entsprechenden Stellen nachjustiert werden könne.
Deutlich wurde den anwesenden Politikern und kommunalen Vertretern bei dem Besuch der beiden Hockenheimer Grundschulen vor allem, welch zentrale Rolle gezielte Bildungsinvestitionen für die Zukunft Baden-Württembergs spielen. Insbesondere mit Blick auf Bildungsgerechtigkeit und Fachkräftesicherung. „Es ist ein großer Schritt in Richtung Chancengleichheit, wenn alle Kinder – unabhängig ihres familiären Backgrounds – bestmöglich gefördert werden“, betonte Dr. Andre Baumann. Gute Bildungspolitik beginne am Anfang: „Gerade in der Grundschule müssen wir dafür sorgen, dass jedes Kind sein Potenzial entfalten kann, auch mit Blick auf den Fachkräftemangel.“ Dass der Fokus nun stärker auf basalen Fähigkeiten, Sprachförderung und dem Ausbau des Ganztags liegt, wertet Baumann als richtige und längst überfällige Entscheidung. Dr. Jens Brandenburg ist sich sicher: „Nur wenn die Rahmenbedingungen stimmen, kann das Startchancen-Programm seine volle Wirkung entfalten – für die Kinder, die Lehrkräfte und die Zukunft unseres Landes. Wir wünschen Ihnen jetzt schon viel Erfolg!“