Auf Einladung von Dr. Andre Baumann MdL hat Prof. Dr. Maximilian Fichtner in Hockenheim über Elektromobilität und Antriebe der Zukunft gesprochen.

Grüne: Infoveranstaltung zu Elektromobilität und Antrieben der Zukunft in Hockenheim stieß auf großes Interesse

„Wie kann es sein, dass wir nicht viel mehr auf Elektromobilität setzen? Wir wollen in Deutschland doch ein Industrieland sein.“ Diese Frage stellte eine Dame aus dem Publikum im Stadthallenrestaurant Rondeau in Hockenheim. Sie sei fassungslos, ergänzte sie. Dem zuvor gehörten Vortrag von Prof. Dr. Maximilian Fichtner bei der Veranstaltung „Antriebe für das postfossile Zeitalter – Wasserstoff, E-Fuels und Batterien?“ habe sie auch als Laiin gut folgen können. Und sie habe den Sinn verstanden. Dr. Andre Baumann, Landtagsabgeordneter der Grünen und Gastgeber an diesem Abend, ergänzte und führte aus: „Das war ein ermutigender Vortrag, der auf wissenschaftlicher Basis gezeigt hat: Elektromobilität, Energiespeicher und Batterietechnik sind keine Ideologie, sondern einfach technischer Fortschritt. Wir müssen in der Debatte sehr viel besser darstellen, dass wir diese Transformation nicht nur brauchen wegen des Klimawandels, sondern weil es sich auch finanziell rechnet.“ Elektroautos und Batterien seien Meisterleistungen der Ingenieurskunst, und diese müsse man auch in Deutschland weiter voranbringen.

Rund 40 Personen waren gekommen, um Fichtner zuzuhören, Fragen zu stellen und rege zu diskutieren. Maximilian Fichtner ist geschäftsführenden Direktor des Helmholtz-Instituts Ulm für Elektrochemische Energiespeicherung (HIU) und Leiter der Abteilung „Energiespeichersysteme“ am Institut für Nanotechnologie des Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Seine Forschungsschwerpunkte sind Rohstoff- und Nachhaltigkeitsfragen, neue Prinzipien der Energiespeicherung und die Herstellung und Untersuchung der dafür benötigten Materialien. Der aus Schwetzingen stammende Fichtner ist einer der führenden Experten auf diesem Gebiet in Deutschland.

„Wir nehmen also mit: Stromproduktion ist mit Erneuerbaren Energien deutlich günstiger als mit fossilen Energieträgern oder Atomenergie“, so Baumann weiter. „Durch das Wirken hervorragender Chemiker und Ingenieure gibt es zudem eine enorme Entwicklung bei den Batterien. Wir sind bei der Transformation der Energieproduktion und des Energieverbrauchs in der neuen Energiezukunft angekommen.“

Dr. Andre Baumann MdL moderierte die an den Vortrag anschließende Fragerunde und Diskussion.

Niemand müsse heutzutage in Askese leben, um umweltfreundlich zu sein, so Baumann weiter. „Elektroautos sind sparsamer im Verbrauch und technisch ausgereifter.“ Fichtner ergänzte: „Es gibt weniger Bauteile in Elektroautos, die kaputtgehen können, und die Autos halten insgesamt länger.“ Bei dem häufig angeführten Reichweitenproblem handele es sich mittlerweile nur noch um eine Scheindebatte, so Fichtner. „Aktuelle E-Autos haben eine Reichweite von circa 500 Kilometern und lassen sich in kurzer Zeit wieder aufladen.“ Die Entwicklung der Batterietechnik schreite schnell voran: „Wir sind heute in der Lage, Batterien zu bauen, die noch höhere Reichweiten garantieren. Bis zu 1.900 Kilometer sind mittlerweile in der Entwicklung“, so Fichtner weiter. Das sollte auch den größten Skeptiker überzeugen.

In Zukunft werden immer weniger kritische und seltene Rohstoffe in Batterien zum Einsatz kommen

Die häufig angeführte kurze Lebensdauer einer Batterie sei ebenfalls kein Kriterium, sich für einen Verbrenner zu entscheiden: „Moderne Batterien halten gut und gerne mehrere 100.000 Kilometer ohne nennenswerten Kapazitätsverlust“, erklärte Fichtner. „Auch der Einsatz kritischer Rohstoffe in den Batterien konnte drastisch reduziert werden. Der Kobalt-Anteil in aktuellen Batterien ist wesentlich geringer als noch vor ein paar Jahren, die Batterien vieler Hersteller sind bereits frei von Kobalt und Nickel und enthalten stattdessen Eisen. In Zukunft werden immer weniger kritische und seltene Rohstoffe zum Einsatz kommen. Das ist kostengünstiger und besser für die Umwelt.“

Auch bezüglich der Einhaltung der Menschenrechte wird die Batteriebranche häufig kritisiert. Hier müsse man differenzieren, erklärte Fichtner. „Kritische Rohstoffe wie Kobalt oder Tantal werden in Handys, Laptops, aber auch E-Autos verbaut. Mittlerweile verhindert die Offenlegung der Lieferketten eine Verwendung von durch Kinderarbeit gewonnenen Rohstoffen im Auto. Kobalt aus Kinderarbeit gibt es noch, aber das finden wir eigentlich nur noch in chinesischen Billigprodukten“, so Fichtner. „Darüber hinaus suchen die Entwickler auch nach alternativen Materialien, die leicht zu beschaffen sind und die Umwelt wenig belasten. Auch für das begehrte Lithium stehen Alternativen wie etwa Natrium bereit.“ Zudem werde Lithium heute vielfach recycelt.

Rund 40 Menschen waren ins Rondeau in Hockenheim zur Veranstaltung
zum Thema Antriebe für das postfossile Zeitalter gekommen.

Warum tue sich Deutschland eigentlich so schwer beim Thema E-Autos, lautete eine weitere Frage aus dem Publikum. „Es gibt Länder, in denen Elektromobilität sehr begrüßt wird. In China beispielsweise sind Elektroautos ein probates Mittel, um die Luft in den Städten sauber zu bekommen, und andere Länder lösen dadurch Abhängigkeiten von den Potentaten in Ölstaaten“, antwortete Fichtner. In Deutschland herrsche oft die Angst, bisherige Spitzenpositionen im Automobilbereich zu verlieren durch das Umstellen auf Elektromobilität. „Aber diese Spitzenpositionen haben wir eigentlich schon verloren.“ Oft werde in diesem Zusammenhang eine Studie der Unternehmensberatung McKinsey & Company zitiert. Demnach verliere die deutsche Autoindustrie bei einer Umstellung auf die Produktion von E-Autos 130.000 bis 150.000 Stellen. Fichtner: „Was aber ebenfalls in dieser Studie steht und oft nicht erwähnt wird: Wenn wir nicht umstellen, kostet uns das 800.000 Stellen.“

Sie würde ja gerne auf ein Elektroauto umsteigen, berichtete die eingangs erwähnte Fragestellerin aus dem Publikum: „Aber in Deutschland sind E-Autos ja oft nur als große Fahrzeuge zu einem entsprechend hohem Preis zu bekommen.“ Fichtner und Baumann empfahlen daraufhin beide die Anschaffung eines gebrauchten Elektroautos. Fichtner: „Ein Nachbar hat zum Beispiel 2021 ein Tesla Modell S Baujahr 2017 gekauft. Die Batterie hatte eine Leistung von 96 Prozent, und das Auto hat nur halb so viel gekostet wie ein Neuwagen.“

Baumann ergänzte: „Ein gebrauchtes Elektroauto zu kaufen, ist eine gute Möglichkeit. Trotzdem muss die Reise dahingehen, dass E-Autos auch bei uns günstiger werden. Anderenfalls ist die Transformation, die wir brauchen, die sinnvoll ist für die Menschen und für das Klima, nicht zu bewältigen.“