Dr. Andre Baumann im Austausch mit Teilnehmenden bei der Exkursion durch die Schwetzinger Wiesen

Bei einer Exkursion in die Schwetzinger Wiesen wird über Moorschutz, Landwirtschaft und Naturschutz diskutiert.

Das Natur- und Landschaftsschutzgebiet „Schwetzinger Wiesen – Riedwiesen“ gehört zu den kostbarsten Naturschätzen der nordbadischen Rheinauen. Zu einer abendlichen Wanderung hatte Dr. Andre Baumann, Landtagsabgeordneter der Grünen, eingeladen. Über vierzig Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen, darunter Bürgermeister Dr. Göck aus Brühl, Gemeinderatsmitglieder, Aktive des NABU und viele Landwirte. Baumann kennt das Gebiet bestens, da er sich seit 1995 für dieses Schutzgebiet einsetzt; damals noch als frisch gewählter NABU-Gruppenvorsitzender von Schwetzingen, heute als Landtagsabgeordneter für den Wahlkreis Schwetzingen. Bei der Wanderung stand der Schutz der Moorflächen in den Schwetzinger Wiesen im Vordergrund. „Moorschutz ist Klimaschutz, Moore speichern Kohlenstoff. Durch Ackernutzung und Entwässerung wird aber das Moor zerstört“, sagte Baumann, der auch Staatssekretär im Umweltministerium des Landes ist. „Wichtig ist eine moorverträgliche Landbewirtschaftung. Ein Miteinander von Landwirtschaft und Naturschutz ist möglich.“

In 2021 waren große Teile der Randsenke in den Schwetzinger Wiesen auch im Sommer überschwemmt. Nach Baumann sollten diese Flächen moorverträglich bewirtschaftet werden.

Die Exkursionsgruppe wanderte vom Rohrhofer Friedhof aus in das Landschaftsschutzgebiet, das Teil der Schwetzinger Gemarkung ist. „Das gesamte Schutzgebiet liegt in der Rheinaue und wird regelmäßig von Rheinhochwassern überschwemmt. Der Sommerdamm, der das Naturschutzgebiet vom Landschaftsschutzgebiet trennt, dient nicht dem Schutz von Siedlungen wie die Rheinhochwasserdämme, die für wesentlich höhere Wasserstände ausgelegt sind. Diese kommen statistisch gesehen nur alle 100 Jahre vor. Der Sommerdamm schützt landwirtschaftliche Flächen, die trotz Damm durchschnittlich alle drei bis vier Jahre überflutet werden “, erklärte Baumann.

Die Exkursionsgruppe machte Halt in der Randsenke, die direkt zu Füßen von Brühl-Rohrhof liegt. „Die Randsenke gehört zu den tiefsten Bereichen unserer Rheinaue. Hier herrschen hohe Grundwasserstände und das Wasser fließt nach einem Hochwasser schlecht oder gar nicht ab.“ Über viele Jahrhunderte hat sich ein Überschwemmungsmoor gebildet. Baumann zeigte auf eine Karte der Landesanstalt für Umwelt: „Hier gibt es Moorböden und torfige Sumpfböden. Vor der Urbarmachung wuchsen wahrscheinlich Erlen-Bruchwälder, in denen viele Monate im Jahr Wasser stand und sich so Torf bilden konnte.“ Bis zum Bau des Sommerdamms und der Anlage von Entwässerungsgräben wurde diese sumpfige Fläche als Weideland genutzt, Ackerbau war nicht möglich. „Nicht umsonst heißen die Flächen Schweinsweide, Pferdweide oder Nachtpferch. Im Boden haben sich langlebige Samen typischer Pflanzenarten von Schweineweiden bis heute erhalten“, sagte der promovierte Biologe Baumann. Nach dem Bau des Sommerdamms im letzten Jahrhundert und einer Entwässerung des Gebiets wurden Wiesen angelegt, die mit dem Rückgang der Tierhaltung rund um Brühl und Schwetzingen in Ackerflächen umgebrochen wurden. „Auf den tiefsten Bereichen wurde nur kurz Ackerbau betrieben“, berichtete ein Landwirt. Und Baumann ergänzte, dass es dem NABU vor Jahren gelungen sei, dass diese Flächen stillgelegt wurden. „Heute wächst hier ein dichter Wald aus Schilf.“ Das gesamte Moor mitsamt den sumpfigen Flächen in der Randsenke befindet sich im Eigentum der Großen Kreisstadt Schwetzingen. „1999 war ich Vorsitzender der NABU-Ortsgruppe und der damalige Oberbürgermeister Kappenstein hatte zugesagt, dass auch die weiteren Sumpfflächen mit den Vorstufen der Moorböden, dem sogenannten Anmoor, aus der Ackernutzung entlassen werden.“

Ein Teil der Schwetzinger Wiesen wurde aus der Nutzung genommen. Hier wachsen ausgedehnte Schilfflächen – ein Eldorado für seltene Vogelarten.

„Ich setze mich seit 1995 dafür ein, dass in der gesamten Randsenke eine moorverträgliche Landwirtschaft stattfindet. Das geschieht in vielen Auenschutzgebieten am Oberrhein, warum nicht auch in Schwetzingen.“ Moore speicherten weltweit mehr Kohlenstoff als alle Wälder zusammen. „Wir werden im Sektor Landwirtschaft die Klimaziele in Deutschland und in Baden-Württemberg nur erreichen, wenn wir die landwirtschaftliche Nutzung auf Moorböden umstellen. Das geht mit der Landwirtschaft. Das ist zwar nicht einfach, aber es geht, auch weil es gehen muss“, so Baumann. Die grün-schwarze Landesregierung habe einen Schwerpunkt auf den Moorschutz gelegt, genauso wie die Bundesregierung. „Die Bundesregierung stellt vier Milliarden Euro für einen naturbasierten Klimaschutz zur Verfügung – insbesondere für den Moorschutz. Auch im Land gibt es Gelder für eine moorverträgliche Landwirtschaft.“

Über die Zukunft der Moorflächen wurde in der Gruppe kontrovers diskutiert. Während die Schwetzinger Stadträtin Susanne Hierschbiel einen Schutz der Moorflächen, wie andere Teilnehmende auch, grundsätzlich begrüßte, standen die Landwirte konkreten Ideen skeptisch gegenüber. Früher hätten fast alle landwirtschaftlichen Betriebe Tiere gehalten, aber eine moorverträgliche Nutzung mit Rindern, wie sie andernorts auf sumpfigen Wiesenflächen stattfindet, könne von den ansässigen Landwirten nicht mehr geleistet werden. „Wer soll denn Wasserbüffel halten?“, wurde gefragt. Baumann hatte zuvor berichtet, dass Landwirte in ähnlichen Gebieten Wasserbüffel halten. „Wir brauchen auch Unterstandsflächen für Weidetiere. Diese gibt es bislang nicht.“ Ein weiteres Argument für die landwirtschaftliche Bedeutung der Sumpfflächen sei der Klimawandel: Während früher die Sumpfflächen viel zu nass waren, würden bei zunehmender Sommertrockenheit und Hitzeperioden in Zeiten des Klimawandels diese Flächen noch den besten Ertrag bringen. Der Vorschlag, statt Rinderbeweidung blumenreiche Auenwiesen anzulegen, wurde von den anwesenden Landwirten ebenfalls kritisch gesehen. „Wir können das Heu der Auenwiesen nicht als Futter nutzen.“ Baumann betonte, dass eine moorverträgliche Landwirtschaft nicht von heute auf morgen und nicht von oben herab zu realisieren sei. Aber er warb dafür, dass sich alle aufeinander zubewegen und einen gemeinsamen Weg finden. „In anderen Schutzgebieten entlang des Rheins geht es doch auch, warum nicht auch bei uns. Es gibt so viel Geld wie noch nie, damit Landwirte im Moor Klimaschutz betreiben können.“ Noch gebe es Geld für eine Umstellung. Vielleicht werde ein Moorschutz in ein paar Jahren gesetzliche Pflicht. Dann sei eine Förderung nur noch schwer möglich.

Dr. Andre Baumann und Bürgermeister Oliver Rastetter beim Besuch eines Wasserbüffelprojekts der Gemeinde Lauf.

Baumann zeigte den Weg für ein Miteinander von Klimaschutz und Naturschutz und Landwirtschaft auf: Er berichtete, dass das Regierungspräsidium Karlsruhe dazu eine Machbarkeitsstudie erstelle. Für diese hatte er sich eingesetzt. „Diese Machbarkeitsstudie sollte Ende 2021 vorgestellt werden. Aber die Veröffentlichung lässt auf sich warten. Das ist ärgerlich.“ Sobald die Machbarkeitsstudie für eine moorverträgliche Landwirtschaft vorläge, müsste ein Diskussionsprozess gestartet werden, wie diese auf den Flächen des Landes und der Stadt Schwetzingen mit der Landwirtschaft ermöglicht werden kann. Schon im Dunkeln verließ die Gruppe die Schwetzinger Wiesen. Ein Landwirt sagte bereits im Gehen: Wenn nur auf sumpfigen und torfigen Flächen Klimaschutz betrieben würde und nicht die gesamten Schwetzinger Wiesen der bisherigen landwirtschaftlichen Nutzung entzogen würden, dann könne vielleicht ein gemeinsamer Weg gefunden werden.