„Die Energiewende wird nicht funktionieren, wenn jede Region sie begrüßt, aber nicht vor der eigenen Haustüre haben möchte“, sagt Dr. Andre Baumann, Landtagsabgeordneter der Grünen. Baden-Württemberg ist nach Nordrhein-Westfalen der größte Kohleverbraucher in Deutschland und der Block 9 des Großkraftwerks Mannheim ist mit einem jährlichen CO2-Ausstoß von rund 6,5 Mio. Tonnen der größte CO2-Emittent Baden-Württembergs. Diese Menge entspricht der CO2-Reduktion durch ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen nach den neuen Berechnungen des Umweltbundesamtes. „Ohne einen Ausstieg aus der Kohlenutzung auch in Mannheim wird Baden-Württemberg seine Klimaziele verfehlen. Wir wollen und müssen zeitnah raus aus der Kohleverbrennung und trotzdem müssen 120.000 Haushalte, die an die Fernwärme angeschlossen sind, eine warme Stube haben“, sagt Baumann. „Die Tiefe Geothermie ist ein unentbehrlicher Bestandteil für eine zukünftige Wärmeversorgung der Region und Voraussetzung für ein Abschalten des Mannheimer Kohlekraftwerks“, sagt Energieexperte Baumann. „Die Energiewende geht nicht ohne gravierende und spürbare Veränderungen: Windräder und Solarparks müssen gebaut werden. Für die Fernwärme brauchen wir alternative Wärmequellen. Im Oberrheingraben haben wir das Glück, in 3000 bis 4000 Meter Tiefe heißes Thermalwasser anzapfen zu können.“ Baumann spricht sich darum weiterhin für einen Ausbau der Tiefen Geothermie in der Kurpfalz aus.
Für den Abgeordneten steht außer Frage, dass Schäden, die möglicherweise bei Messungen des Untergrundes entstanden sind, schnell und umfassend durch den Verursacher ersetzt werden. Baumann hat Betroffene besucht und gesprochen, mögliche Schäden besichtigt und sich nach Erfahrungen über 3D-Seismik-Messungen in Baden-Württemberg erkundigt. „Bei bisherigen Messkampagnen mit Vibrotrucks in anderen Teilen Baden-Württembergs wurden keine Gebäudeschäden festgestellt. Darum ist es wichtig, dass Meldungen genau untersucht werden. Nur so können wir daraus lernen“, erklärt Baumann, der sich als Abgeordneter mit Fragen an die zuständigen Verwaltungen gewandt hatte. Bekannt sei, dass auch durch Baustellenmaschinen, wie Rüttelgeräte, Haarrisse entstehen können. „Die geophysikalischen Untersuchungen einer 3D-Seismik werden in Baden-Württemberg notwendigerweise durchgeführt, um die Gefahr von Erdbeben bei späteren Bohrungen und dem Betrieb von Geothermieanlagen zu vermeiden“, so Baumann. Der Wahlkreisabgeordnete war in den vergangenen Tagen mit MVV und EnBW im Austausch. In den Gesprächen hat sich Baumann dafür eingesetzt, Schäden, die möglicherweise durch die Vibrotrucks entstanden sind, schnell und unbürokratisch zu erstatten.
Der Abgeordnete der Grünen lehnt derzeit eine Landesbürgschaft für Schäden durch die Tiefe Geothermie ab. „Es ist nicht die Aufgabe des Staates, die Rückversicherung für Schäden zu sein. Es ist dagegen die Aufgabe des Staates, dafür zu sorgen, dass durch Tiefe Geothermie keine erheblichen Schäden auftreten. Und sollte dies wider Erwarten doch der Fall sein, dafür zu sorgen, dass Schäden durch Verantwortliche umfassend und schnell ersetzt werden“, erklärt Baumann. In Baden-Württemberg ist darum nur die hydrothermale Geothermie erlaubt. Er berichtet, dass in Baden-Württemberg nur in poröses Sedimentgestein gebohrt werden darf, durch das Thermalwasser gut fließen kann. Petrothermale Geothermie (Hot-Dry-Rock Verfahren), die beispielsweise in Frankreich zu Schäden an Gebäuden geführt hat, ist ganz bewusst in Baden-Württemberg ausgeschlossen. Bei dieser wird mit deutlich höheren Drücken gearbeitet. Außerdem wird in Baden-Württemberg eine 3D-Seismik vorgeschrieben, um ein genaues Bild des geologischen Untergrunds vor einer ersten Bohrung zu erhalten. „Auf der Basis eines 3D-Bildes bis in 4.000 m Tiefe können die Standorte der Projekte so ausgewählt werden, dass das Auftreten einer Schaden verursachenden induzierten Seismizität nahezu ausgeschlossen wird.“
„Unsere baden-württembergische Bergbehörde verlangt von Unternehmen den Nachweis einer Haftpflichtversicherung für Schadensfälle“, sagt Baumann. Die Policen sind in der Regel zweifach maximiert: Zwei Schadensereignisse bis zur Deckungssumme sind pro Jahr vom Versicherungsschutz abgedeckt. Haftpflichtversicherungspolicen der Tiefen Geothermie sehen grundsätzlich auch eine Nachhaftung vor. Diese kommt zum Beispiel im Falle einer Insolvenz des Betreibers einer Geothermieanlage. „Es ist davon auszugehen, dass geforderten Deckungssummen ausreichen. Sollte dies wider Erwarten bei einem Schadensereignis nicht der Fall sein, würde der Versicherer anteilige Zahlungen nach dem Verhältnis der Beträge der Haftungsansprüche leisten“, sagt Baumann. Vom Versicherer nicht erfüllte Ansprüche müsste der Betriebsinhaber des Geothermieunternehmens zahlen. Käme es dadurch zu einer Insolvenz, übernimmt die Bergschadensausfallkasse die noch nicht gezahlten Beträge im Rahmen der Satzung.
„Wir brauchen die Tiefe Geothermie für eine sichere, CO2-freie und bezahlbare Wärmeversorgung. Und wir arbeiten in Baden-Württemberg auf ´Nummer sicher´“, sagt Baumann abschließend. Der Ausbau der Geothermie müsse professionell und sehr sicher stattfinden.