(C) Ulrike Von Weelden: Teilnehmer der Exkursion hören Andre Baumann zu.

„Der Jäger aus Kurpfalz, der reitet durch den grünen Wald.“ Wer kennt dieses Volkslied nicht? Bei der naturkundlich-politischen Wanderung durch den Hirschackerwald in Schwetzingen haben die Teilnehmenden erfahren, dass zu kurfürstlichen Zeiten die Jagdgesellschaften nicht durch grüne, gleichmäßig geschlossene Wälder ritten, sondern durch lichte, parkartige Wälder. „Der Wald, in dem Kurfürst Carl-Theodor einst jagte, sah ungefähr so aus wie heute das Naturschutzgebiet Hirschacker. Die vorherrschende Farbe war nicht grün – es herrschten eher bräunliche Farbtöne“, erläuterte Dr. Andre Baumann bei der abendlichen Wanderung durch das Schwetzinger Naturschutzgebiet in den Dünen.

Rund 20 Teilnehmende folgten der Einladung des Landtagsabgeordneten der Grünen, der am Hirschackerwald Erfolge und Ziele des Naturschutzes veranschaulichte. 
Über viele Jahrhunderte nutzten die Menschen die Dünenwälder. Sie holten hier Bauholz, ließen Schweine, Ziegen, Schafe und Rinder weiden: „Obwohl jeder Kurfürst aufs neue seine Förster anwies, die Bauern und deren Vieh aus den Wäldern zu vertreiben, gelang dies erst Mitte des 19. Jahrhunderts“, erklärte Baumann; er verwies auf frühe Karten des Hirschackerwalds, die den Interessierten gezeigt wurden. „Nach mehreren Jahrhunderten intensiver Weidewirtschaft sahen die Dünenwälder parkartig aus, ungefähr so wie der Landschaftsgarten, dem sogenannten Englische Garten im Schwetzinger Schlossgarten.“

Über die Jahrhunderte hat sich durch Beweidung und Holznutzung eine einmalige Kulturlandschaft entwickelt: „In den parkartigen Wäldern waren Sandheideflächen, wie in der Lüneburger Heide, und Sandmagerrasen mit Sandstrohblumen, Sandthymian und Sandsilberscharte entstanden. Es brüteten Heidelerchen und Ziegenmelker und als Rindertränken war ein Netz aus Ziehbrunnen angelegt worden, wie dies heute in der ungarischen Puszta noch zu finden ist.“ Sandackerflächen wurden ebenfalls beweidet, eine starre Feld-Wald-Grenze gab es nicht. Mit dem Aufkommen der Forst-Wirtschaft im 19. Jahrhundert wurden die devastierten Wälder aufgeforstet und die Weidetiere eingestallt: „Aus dem Reichswald bei Nürnberg wurden Waldkiefern eingeführt. Die heißen dort Dosen. Daher hat der Dossenwald wahrscheinlich sein Namen. Auch dort wurden Dosen gepflanzt.“ 
Mit der Aufforstung, der Einstallung von Rindern und dem Rückgang der Schaf- und Ziegenhaltung sind die Sandheiden und parkartigen Wälder, mit knorrigen Huteeichen, verschwunden, unter denen der Gemeindeschäfer die Schafe des Dorfs hütete. „Die Bauern wurden in der Industrialisierung in den Fabriken gebraucht. Diese aussterbenden Hutelandschaften malten und verklärten die Künstler der Romantik, wie Caspar David Friedrich oder Theodor Storm“, erklärt Baumann. „In dieser Zeit fand ein Artensterben statt.“ 
Unser Ziel ist es heute, in den Naturschutzgebieten „Hirschacker- und Dossenwald“ und „Oftersheimer Dünen“, sowie im regionalen Waldschutzgebiet „Schwetzinger Hardt“ – auf den höchsten Dünen – solche parkartigen Waldlandschaften, mit den seltenen und streng geschützen Lebensräumen, wiederherzustellen – auf, im Vergleich zu früher, – kleinen Flächen. „Die Sandmagerrasen mit Sandstrohblume und Sandsilberscharte oder Sandheideflächen gehören zum wertvollsten europäischen Naturerbe „Natura 2000“. Unzählige Tier- und Pflanzenarten sind auf diese wüstenartigen Lebensräume in den Sanddünen angewiesen. Wir müssen und wir wollen diese Lebensräume schützen.“

Baumann erklärte, dass die grün-geführte Landesregierung – mit keinem anderen Bundesland vergleichbar – die Geldmittel für den Naturschutz erhöht habe: „Wir erhalten, was uns erhält. Wir erhalten die Lebensräume und damit auch unser summendes und blühendes Kulturerbe.“ Baumann berichtete, dass im Hirschackerwald die Staatliche Naturschutzverwaltung und der NABU seit 1995 Jahren Hand in Hand erfolgreich arbeiten: „Ich habe vor über zwanzig Jahren als Chef des NABU-Bezirksbands einen hauptamtlichen Pflegetrupp aufgebaut, der bis heute im Auftrag der Naturschutzverwaltung die Natur des Hirschackerwalds pflegt“. Der NABU hatte außerdem das Projekt „Lebensader Oberrhein“ beantragt und durchgeführt, welches mit rund fünf Millionen Euro von Bund und Land gefördert wurde. „Auf großer Fläche wurden im Hirschackerwald aus eintönigen Kiefernstangenwäldern parkartige Dünenwälder entwickelt, wo Ziege und Co. unter uralten Hutebäumen weiden, und Wälder entstehen wie zu Kurfürst Carl-Theodors Zeiten.“ Schwerpunkt des Projekts „Lebensader Oberrhein“-Projekts in Baden-Württemberg war die Förderung der Natur von Binnendünen und Sandmagerrasen.

Der gesamte Hirschackerwald sei mittlerweile Nationales Naturerbe und in den Besitz des NABU übergegangen. „Hier konnte modellhaft die Wiederherstellung alter Kulturlandschaft ausgetestet werden – mit großem Erfolg. Nun wird dies auch in den Oftersheimer und Sandhausener Dünen und auch in der Schwetzinger Hardt fortgeführt.“ Die Landesregierung habe für diese Naturschutzmaßnahmen den Weg freigemacht. „Nur wir Kurpfälzer können diese herb-schönen Dünenwälder mit Sandheiden, urigen Huteeichen und Ziegenmelkern schützen. Wir haben damit angefangen. Ich werde mich auch als Abgeordneter – so wie in den vergangenen Jahren – dafür einsetzen, dass wir unsere besondere Heimat erhalten und fördern, auch in den Dünenwäldern.“