Dr. Volker Kronemayer (vorne links) berichtete bei seinem Vortrag im Wahlkreis-Büro von Dr. Andre Baumann MdL (vorne rechts) über die wechselvolle Geschichte der Schwetzinger Wiesen und ihres einstigen Bewässerungssystems.

Historiker Dr. Volker Kronemayer hat die Ergebnisse seiner Recherchen zur Geschichte der Schwetzinger Wiesen vorgestellt – Vortrag im Wahlkreis-Büro von Dr. Andre Baumann sehr gut besucht

„Wer die Zukunft gestalten möchte, muss die Geschichte seiner Heimat kennen“, sagte der Landtagsabgeordnete der Grünen Dr. Andre Baumann anlässlich eines Vortrags zum Thema „Schwetzinger Wiesen – 180 Jahre Wasserbau im Interesse der Landwirtschaft“, zu dem er jüngst in sein Wahlkreis-Büro eingeladen hatte. Der Historiker Dr. Volker Kronemayer aus Brühl hat dort die Ergebnisse seiner aufwendigen Recherchen zur Geschichte der Schwetzinger Wiesen vorgestellt. Kronemayer ist Vorsitzender des Vereins für Heimat- und Brauchtumspflege Brühl und im Vorstand des Landesvereins Badische Heimat. Im vergangenen Jahr wurde er von der Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg Petra Olschowski mit der Heimatmedaille des Landes ausgezeichnet.

Zu Gast bei Andre Baumann wurde Kronemayer „ganz warm ums Herz angesichts des großen Interesses“, wie er sagte. Mehr als 25 Zuhörerinnen und Zuhörer waren gekommen, das Büro in der Mannheimer Straße war bis auf den letzten Platz besetzt. Unter den Gästen waren auch Gerhard Stratthaus (CDU) – ehemaliger Finanzminister des Landes Baden-Württemberg und Landtagsabgeordneter sowie einstiger Oberbürgermeister von Schwetzingen –, die Gemeinderätinnen und -räte der Grünen Dr. Michael Rittmann, Katrin Vobis-Mink und Dr. Susanne Hierschbiel sowie einige die Schwetzinger Wiesen bewirtschaftenden Landwirte.

Kronemayer stellte das System der Be- und Entwässerung auf der Gemarkung Schwetzinger Wiesen vor, das 1781 in Betrieb ging und spätesten 1963 stillgelegt wurde. „Die damaligen Wasserbauingenieure nutzten das geringe Gefälle zwischen dem Hochufer bei Brühl/Rohrhof und dem Rhein bei Waldsee, um ein Grabensystem zu entwickeln, das eindrucksvolle 180 Jahre lang seinen Zweck erfüllen sollte“, schilderte der Historiker.

Doch zunächst holten Kronemayer und Baumann etwas weiter aus. „Das weiträumige Gelände der Schwetzinger Wiesen zwischen dem Brühler Ortsrand und dem Rhein dient heute vielen Zwecken“, sagte Kronemayer und nannte einige Beispiele: „Anwohnern von Brühl und Rohrhof dient es als Naherholungsgebiet, Radfahrer und Wanderer durchqueren es, Landwirte nutzen Teile als Ackerland, andere Teile sind Landschafts- oder Naturschutzgebiet.“

Heutzutage ist ein Teil der Schwetzinger Wiesen aus der Nutzung genommen. Hier wachsen ausgedehnte Schilfflächen – ein Eldorado für seltene Vogelarten.

Moore haben als CO2-Speicher eine immense Bedeutung für den Klimaschutz

Die Schwetzinger Wiesen seien Teil der Rheinauen und manche Gebiete so tief gelegen, dass sich durch Druckwasser und nicht abfließendes Hochwasser Moore gebildet hätten. „Moore haben als CO2-Speicher eine immense Bedeutung für den Klimaschutz, deswegen sollten sie unbedingt erhalten werden“, merkte der promovierte Biologe Baumann an. Höher gelegene Bereiche der Schwetzinger Wiesen waren einst Eichen-Ulmen-Auenwälder. „Schon früh hat der Mensch diese Landschaft gestaltet, indem er sie über Jahrhunderte beweidet hat. Davon zeugen Gewannnamen wie Pferdsweide oder Schweinsweide“, so Baumann.

Ende des 18. Jahrhunderts wurde das Vieh eingestallt, Wiesen wurden angelegt und das ausgeklügelte Wässerwiesensystem installiert. „Für das Be- und Entwässerungssystem legte man 1780 ein Grabensystem von insgesamt zehn Kilometern Länge an: fünf Kilometer zur Bewässerung, fünf Kilometer zur Entwässerung“, so Kronemayer. „Zudem wurden vier Kilometer Schutzwälle angelegt, 1.880 Grenz- und Flursteine gesetzt, 73 Einzelbauwerke errichtet sowie 15 mit Ketten und Balken regelbare Schleusen gebaut.“ Einige Bauwerke des alten Bewässerungssystems seien noch erhalten und auf Wander- oder Radtouren gut zu besichtigen.

Zum Wässerwiesensystem gehörte unter anderem ein bestellter Wiesenhüter, der die Verteilung des Wassers kontrollierte und regelte, fuhr Kronemayer fort. „Artenreiche Wiesen waren damals die Existenzgrundlage der landwirtschaftlichen Betriebe, denn das Vieh brauchte Heu“, berichtete der Historiker. Kronemayers Rekonstruktion der wechselvollen Geschichte der Schwetzinger Wiesen anhand historischer Karten und Aufzeichnungen ist auch in der aktuellen Ausgabe der „Ortsschell‘“ nachzulesen, dem Heft des Brühler Heimatvereins.

„In Kürze wird das Regierungspräsidium Karlsruhe die Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie für eine moorverträgliche Landwirtschaft vorstellen, sprich: wie Landwirtschaft und Natur- und Klimaschutz noch besser zusammenarbeiten können“, berichtete Baumann abschließend. „Da ist es wichtig, auch die Geschichte des Lebensraums zu kennen.“